Gequälte Schneemänner

Aug 18, 2010 19:28

Fandom: Inu Yasha
Characters: Inu Yasha, Kagome
Genre: Weihnachtsschnulz
Warnings: Puuh. I got nothing.
A/N: Adventskalender-FF.


"WARTE!"

"Nrch!"

Nö - so nicht. Nicht mit ihm.

Seine nackten Füßen prägten kristalline Abdrücke in den Schnee, während er sich so schnell wie möglich entfernte. So schnell wie möglich, ohne dabei deutlich sichtbar abzuhauen.

Vor...äh, ihr.

Die klirrende Kälte an seinen Füßen machte ihm nichts aus...er war ein Krieger, er kannte den Frost und die Härte des Winters...!

Vielleicht war es aber auch seine knallrote, brennende Birne, die ihm Wärme spendete.

"Inu Yasha - bleib stehen!"

Er dachte überhaupt nicht daran. Möglicherweise hätte er angehalten, wenn er mit seinen feinen Ohren etwas Nettes aus ihrer Stimme rausgehört hätte...Anteilnahme vielleicht, weil man ihn verhöhnt hatte. Besorgnis, weil er mal wieder wie ein Hampelmann dagestanden hatte...vor ihr...nicht zum ersten Mal...

Aber Kagome hörte sich nur wie immer....

"Inu Yasha, sei kein Kleinkind!"

...an wie eine angepisste Kindergärtnerin.

Scheißspiel.

Er machte ein Geräusch, das wie das verächtliche Knurren eines wütenden Hundedämons klingen sollte...sich aber leider mehr anhörte wie das Fiepen eines peinlich berührten Welpen.

Denn leider, leider, fühlte er sich im Moment wie einer.

Inu Yasha war kein Mann, der Pläne machte, bevor er etwas tat. Aber WENN er Pläne machte...konnte er es erst recht nicht leiden, wenn nix funktionierte.

Er wirbelte zu ihr herum - vielleicht, weil er merkte, dass sie nicht mehr konnte und keuchend im Schnee stehen blieb. Sie standen mittlerweile werweißwietief in diesem lächerlichen kleinen Wäldchen aus verkümmerten Bäumen, den Kagome "Stadtpark" nannte. Er wusste schon nicht mehr, wie weit er schon beleidigt weggestürmt war vom Schauplatz seiner...ähm...Niederlage.

Der Hundedämon machte sich bereit, dem Mädchen eine schmollende, zähnefletschende Miene zu zeigen...aber er konnte nicht.

Er war nicht darauf vorbereitet, wie schön sie im Schnee aussah.

Dabei hatte Kagome sich zur Feier der Kälte (oder so) seltsame wollene Puschel auf die Ohren gesteckt, die extrem lächerlich aussahen, hatte sich in mehrere Schichten Filz eingepackt und ein Ringelmützchen auf. Und nicht einmal DAS alles konnte sie entstellen, verdammt! Er bewunderte heimlich, wie ihr weiches Gesicht unter all dem Pelz leuchtete, und auch der zentnerschwere Wintermantel konnte das Wissen um den geschmeidigen, biegsamen Körper darunter nicht auslöschen. Selbst den Blauton ihrer zitternden Lippen fand er irgendwie reizvoll.

Er war nicht mehr zu retten. O mann.

"Ich mein nur," sagte sie mit einer hilflosen Handbewegung. "Wenn du da weiterläufst, kommt da hinten der Autobahnzubringer." Sie machte eine zerquälte Grimasse. "Und Inu Yasha, äh...du weißt, was dir immer passiert am Autobahnzubringer...!"

Er knirschte mit den Zähnen. Ach verdammt, stimmt, die rollenden Dinger. Er konnte nicht anders, als hinterherzurennen, wenn er die rollenden Dinger sah...Kagome meinte, es habe etwas mit "Hunde-Hormonen" zu tun, was immer das sein sollte. Aber auf alle Fälle waren die Konsequenzen immer unerfreulich.

Mutlos ließ Inu Yasha sich in den Schnee sinken, während sein Stolz langsam zerbröselte.

Er legte seine Krallen in den Schoß und betrachtete sie. Seine Krallen, die ihn eben total im Stich gelassen hatten. Hinter sich hörte er Kagome verlegen hüsteln. Na schön. Wenigstens wusste sie auch mal nicht, was sie sagen sollte.

Dabei hatte er sich alles vorher überlegt...und das wir nicht eben etwas, das Inu Yasha oft machte. Er hatte sich doch nur auf den Mist eingelassen, weil Miroku ihn überzeugt hatte, dass Frauen es unglaublich mochten, wenn man seine...wie nannte er das?...weiche Seite zeigte.

So Schneeflöckchen angucken und Hand in Hand durch den Schnee laufen und all der Kram, der Mädchen halt Spaß machte.

"Alle Männer haben eine weibliche Seite," hatte Miroku ihm vor einigen Wochen am Feuer erzählt.

(Schon den Teil fand Inu Yasha unfassbar unlogisch.)

"Man muss sie nur rauslassen. Alle Männer haben diese Seite, die Gedichte toll findet und bei Liebeslieder heult, und die Papiertierchen faltet, und all das. Wenn Mädchen das merken, dann öffnen sich ihre...Herzen...praktisch von selbst, weißt du...?"

(Ok...Miroku hatte statt "öffnen sich ihre Herzen" ein anderes Körperteil angegeben, aber...Inu Yasha wurde immer noch rot bei dem Gedanken daran.)

Inu Yasha hatte nur spöttisch gegrunzt...aber es war ihm durch den Kopf gegangen. Immerhin hatte Miroku komplette Küstenstriche flachgelegt, während Inu Yashas einzige bisherige Balz in einem gegenseitigen Gemetzel geendet war. Also hatte der Mönch möglicherweise eher den Plan als er...?

Nicht, dass er Kagome flachlegen wollte...also nicht so...er hatte ihr nur zeigen wollen, was man so alles mit ihm machen konnte, außer Dämonen den Arsch versohlen.

Und darum hatte er sie in ihrer Welt besucht. Immer, wenn Kagome von dieser Wie-Nacht redete, hatte sie so ein seltsames Funkeln in den Augen...das Ganze schien in ihrer Welt so was wie der Höhepunkt schlechthin zu sein...und selbst Inu Yasha wusste, dass Frauen Schnee romantisch fanden, warum auch immer, er fand Schnee in erster Linie kalt.

Also dachte er, es wär vielleicht der passende Zeitpunkt, ihr zu zeigen, dass auch er eine Frauenseite hatte oder wie immer man das nannte.

Er war schon ziemlich überrascht, festzustellen, dass es Wie-nacht anscheinend nur darum ging, ob Kagomes kleiner Bruder einen Spielzeuglaster kriegte oder nicht.

Aber heute...an diesem Abend waren sie zusammen in den Stadtpark gegangen, nur sie beide, und es war...schön. Alles war still, die Bäume waren zwar erbärmlich, aber sie strahlten Ewigkeit aus...fast, als seien sie in seiner Welt...in der Welt, in der er ein stolzer Hundedämon war und nicht der Depp mit der Baseballkappe, der seine Klauen nicht mal benutzen durfte, um diese lästigen Chipstüten aufzukriegen.

Er dachte: das ist DIE Chance.

Also wollte er das machen, was er zuvor in Kagomes flimmernder Zauberkiste beobachtet hatte. Da hatte so ein Macker seiner Angebeteten eine unförmige Figur aus Schnee hingebastelt. Eigentlich hatte er nur drei riesige Schneekugeln aufeinandergematscht und ein Gemüse reingesteckt, aber irgendwie schien das eine Riesensache zu sein.

Das betreffende Mädchen hatte rumgequietscht und in die Hände geklatscht und war auf der Stelle auf und abgehüpft, dann hatten sie rumgeknutscht, und vor der Flimmerkiste hatte sich Kagomes Mutter seufzend eine Träne zerdrückt.

Formlose Schneedingens zu machen schien in Kagomes Welt eine Art zu sein, einem Mädchen sein Herz zu schenken, und Sesshoumaru war nicht da, um ihn auszulachen, also...nix wie ran.

Und er hatte sich wirklich Mühe gegeben...er wollte Kagome das schönste Schneedingsens von allen bauen, einen echten Prachtgnom, er seine Liebe ausdrückte, wenn er das mit Worten schon nicht konnte! Er wollte Kagome zeigen, dass er nicht nur ein Rüpel war...nein, er war auch ein Künstler, mit sensiblen Händen und Pfantasie und Kreatiefität und...so Zeugs.

Zugegeben...seine Krallen waren nicht so geeignet irgendwie...die waren eben eher dazu bestimmt, Gedärme zu zerfetzen als zarte Schneefiguren zu zaubern...immer, wenn er sein Schneedingsens verbessern wollte, sah es aus, als würde er es ausweiden...Dellen entstanden an Stellen, an denen keine sein sollten...

Der Moment war so überhaupt nicht romantisch...eher qualvoll. Das Schweigen wurde länger, Kagome wurde sichtbar immer kälter, und Inu Yasha wurde verbissener...und der Schneegnom sah immer mehr aus, als hätten Kouga und seine Köter mit ihm Fußball Gespielt.

Es war möglicherweise die blamabelste Stunde in Inu Yashas Leben gewesen...und das bei dem Mann, den die eigene Geliebte an einen Baum angepinnt hatte.

Schließlich hatte er keuchend, erschöpft und frustriert aufgegeben. Das entstellte Schneemonster war eh nicht mehr zu retten.

Es sah...entsetzlich aus.

"Und...wie...findest...du ihn...?"

Inu Yasha hatte es kaum gewagt, Kagome anzusehen und ihre Reaktion zu sehen...

Und dann....das.

"Wie sieht der denn aus?! Hat wer den Schneemann vergewaltigt?!"

R-Argh. Es war so demütigend.

Dummerweise hatte Kagome dann auch noch "Sitz!" geschrien, bevor er dazu kam, das freche Arschkind, das ihm das zugerufen hatte, in angemessener Weise zu zerfleischen und seine Würde zu retten.

Das blöde Gör war mit seiner schneeballschmeißenden Clique verschwunden, bevor Inu Yasha überhaupt den Schnee wieder ausgespuckt hatte.

So eine Frechheit.

Aber ok...das Teil SAH schon Scheiße aus.

Aber trotzdem...er hatte sich eine Stunde knietief im Schnee stehend für sie abgemüht, und das erste, was sie danach gesagt hatte, war "Sitz!".

Das war nicht das, was er erhofft hatte, irgendwie.

Ein Hauch von Kagomes Geruch - dem betörenden Duft, der ihn immer wirr im Kopf machte - streifte ihn, als sie sich neben ihn in den Schnee plumpsen ließ. Das beeindruckte ihn schon ein bisschen. Im Vergleich zu seinem war Kagomes zarter Hintern sicherlich nicht sonderlich kälteresistent. Es fiel ihm auf, wie warm ihre beiden Körper durch den meterdicken Stoff waren.

Warum hatte das dämliche Scheißkind auch "vergewaltigt" rufen müssen? Warum nicht einfach nur "hässlich"? Gab es einen schlimmeren Liebestöter auf Erden als "vergewaltigt"?

Kagome würde nie erfahren, was für eine zarte Seele in ihm schlummerte...

Falls da eine schlummerte.

Er hätte es ihr so gern bewiesen.

Aber nein - nun war er wieder nur ein ungehobelter Klotz, der Schneegnome schändete.

Die vereisten Äste knarzten über ihren Köpfen. Inu Yasha spürte, wie Kagomes Wärme in zarten Wellen gegen seinen Körper schlugen, als sie sich bei ihm unterhakte. Wahrscheinlich war ihr einfach nur kalt.

Schließlich sagte sie mit seltsam hoher, piepsender Stimme: "Ähm...wegen deiner Frage..."

"Was? Welche Frage? Ich weiß nicht, was du meinst. Überhaupt sollten wir was essen. Wollen wir was essen?!"

"Inu Yasha," piepste Kagome, immer noch in dieser komischen hohen Tonlage, die ihn leicht kirre machte, "ich finde ihn wunderschön."

Wen - ? Das entstellte Schneedings?!

Wollte sie ihn nun komplett verarschen?

Er sah sie von der Seite an. Nein...sie sah nicht aus, als würde sie ihn verarschen...er wusste, wie Kagome aussah, wenn sie ihn verarschte. Aber nun wirkte sie sehr still, ihre Augen waren seltsam hell und groß und blickten direkt an ihm vorbei in das dunkle Dickicht, ohne etwas zu sehen. Und ihre Wangen waren von der Kälte rot...obwohl das seltsam war, denn kalt war ihnen schon die ganze Zeit, und rot war Kagome eben erst Geworden.

Sie hatte doch wohl nicht etwa - Mitleid?!

Seine Ohren zuckten beleidigt. "Red keinen Scheiß, Kagome. Mein Schneedingsens ist hässlich." Er schnaubte. "Hässlich," wiederholte er dramatisch und starrte finster vor sich hin.

Sie kicherte. "O mann, und wie. Ich hab noch nie in meinem Leben irgendwen Schnee so misshandeln sehen..." Er knurrte, und sie boxte ihn leicht in die Seite. "Aber," sagte sie, "ich mein auch nur, dass ICH ihn wunderschön finde, weil..."

Inu Yasha kniff die Augen zusammen. Wenn sie nun sagt "du hast dir solche Mühe gegeben, und der Gedanke zählt", springe ich von der nächsten Brücke, dachte er. Scheiß aufs Shikon no Tama. Ich springe einfach von einer Brücke.

"...weil er etwas hatte, das kein Schneemann sonst hat."

Er fauchte skeptisch. "Was?! Einen aufgerissenen Brustkorb?!"

Ihre Augen funkelten. "Ohren," sagte sie dann, und stand auf. "Ich stehe auf seine Ohren. Und nun lass uns abhauen, ich frier mir den Hintern ab."

Er starrte verblüfft auf die Hand, die sie ihm hinreichte. Wie - Ohren?! Was - Ohren?!

Hatte er...

Und dann fiel es ihm ein...tatsächlich. Als er da vor diesem Schneedingsens stand, hatte er ein Detail hinzugefügt, das ihm total natürlich erschien, aber das wahrscheinlich kein anderer Kerl machte, der sein Mädchen mit einem Schneedingsens beeindrucken wollte.

Zwei spitz zulaufende Hundeohren.

"Hn," machte sie und drückte sich an ihn, als er schließlich neben ihr stand. "Kalt. Was meinst du...machst du mir das Taxi? Inu Yasha?"

Endlich...etwas, das er konnte.

Er fühlte ihre weichen Lippen an seiner Wange und ihre warmen Arme um seinen Hals, als sie auf seinen Rücken krabbelte und sich an ihn drückte...vielleicht etwas fester als sonst, vielleicht auch nicht, er war nicht sicher.

"Und wenn wir zu Hause sind," schnurrte sie leise in sein spitzes Ohr, "zeige ich dir mal, was wirklich romantisch ist."

Als sie zu zweit an dem hässlichsten Schneemann der Geschichte vorbeisausten, fand Inu Yasha die Sache nicht mehr so schlimm, eigentlich. Er konnte vielleicht Schneedingsens besser zerfleischen als bauen. Aber Kagome würde so schnell keinen anderen finden, der sie auf dem Rücken durch den Schnee tragen konnte. Und vielleicht wollte sie auch nicht.

Wenn sie bei ihr zu Hause ankamen, würde sie ihm Ramen heißmachen und die flackernde Zauberkiste anschmeißen...und sie konnten ihre nassen Filzmäntel trocken und sich den Frost aus den Haaren pellen und ihre Köpfe aneinanderlehnen...

Und so Zeugs.

one shot, inuyasha, 2005, german, humour

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