DER SPIEGEL on the internal stability of the Russian political regime (and the the dangers thereto), with some quotes from me inside.
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https://www.spiegel.de/ausland/wladimir-putins-regime-der-angst-in-russland-seine-leute-sind-ueberall-a-4603f3b6-7c89-4648-b4e4-2b88845cc7c9"Allerdings ist nicht einmal klar, wie Sieg und Niederlage in der Ukraine aus russischer Sicht definiert sind. Die russische Politologin Ekaterina Schulmann hält den Rückzug aus der Region Cherson, einem der vier Gebiete, deren Annexion Putin unlängst im Kreml zelebriert hatte, für einen schwerwiegenden Rückschlag, auch politisch. Es sei absolut demoralisierend für die Truppen, sich von dort zurückziehen zu müssen. »Die Niederlage von Cherson ist ein zusätzliches, schweres Gewicht auf den Schultern der Menschen in Russland - der Bevölkerung und auch der russischen Eliten«, glaubt Schulmann.
Nach Ansicht der Politologin ist die Stimmung in der russischen Bevölkerung ohnehin gedrückt. Nur für die Rüstungsindustrie und die Radikalen bringe der Krieg Profit und Vorteile, allen anderen ginge es jetzt schlechter als vor Kriegsbeginn. »Schon seit Februar hängt eine dunkle Wolke von Depression, Angst und Panik über dem Land«, sagt Schulmann. Lediglich die älteste Generation äußere sich in Umfragen noch optimistisch. Nach der Ankündigung der Mobilmachung ist die Angst vor dem Krieg sprunghaft gewachsen. Immer mehr Menschen wünschen sich Friedensverhandlungen.
Dass der russische Präsident zwangsläufig stürzen muss, wenn er den Krieg verliert, glaubt auch Schulmann nicht. Aber einem Sieger könne man mehr verzeihen als einem Verlierer, sagt sie. Die Politikwissenschaftlerin verweist darauf, dass Putins System seit mehr als 20 Jahren bestehe und zahlreiche Herausforderungen bewältigt habe. Einen Krieg zu verlieren, erhöhe zwar das Risiko eines Sturzes für autoritäre Herrscher, doch es gebe auch Gegenbeispiele in der Geschichte, den irakischen Machthaber Saddam Hussein etwa, der noch jahrelang nach dem verlorenen Krieg gegen Iran im Amt blieb.
Beide Expertinnen sind sich darin einig, dass die kriegsmüde russische Bevölkerung dankbar jede Erzählung glauben wird, die der Kreml ihr vorsetzt. Die Radikalen nach einer Niederlage ruhigzustellen, sei die schwierigere Aufgabe, warnt Schulmann. Aber auch das könne gelingen, wie man daran sehe, dass die russischen Kriegsblogger und Hardliner, die bis vor Kurzem noch lauthals Verteidigungsminister Sergej Schoigu und die militärische Führung attackierten, sich zuletzt auffallend zurückhielten.
Während Militär und Geheimdienst, die vom Kreml gehätschelten »Silowiki«, sich in diesem Krieg vor allem blamiert haben, erwies sich die von Putin bisher eher stiefkindlich behandelte zivile Bürokratie nach Ansicht von Ekaterina Schulmann als wahre Stütze des Regimes. »Die Finanz- und Wirtschaftsbehörden und die Bürokraten vor allem auf regionaler Ebene halten den Staat am Laufen und stützen so die Mächtigen«, sagt die Politologin.
Was genau diese Leute dazu bringen würde, die Arbeit niederzulegen, Befehle zu verweigern, sei schwer vorherzusehen, sagt die Politologin Schulmann. Es gebe nicht den einen isolierten Faktor, der das Regime garantiert zu Fall bringen wird. Massenhafte Proteste, sollte es welche geben, könnten die Menschen verunsichern. Eine weitere Niederlage oder die fehlende Aussicht auf einen Erfolg in der Ukraine könnten eine wichtige Rolle spielen.
»Das Umdenken könnte auch einsetzen, wenn die Menschen verstehen, dass der Präsident, der bisher der Garant ihrer eigenen Sicherheit und Stellung war, für sie zu einem Risiko geworden ist«, sagt Schulmann. Sollte der Krieg sich ausweiten und Russland tatsächlich der Nato gegenüberstehen, wäre dies womöglich der Fall. Die Abwägung, ob es vorteilhafter sei, auszuharren oder überzulaufen, werde in allen Köpfen in allen russischen Amtsstuben rund um die Uhr gemacht, sagt Schulmann".