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Nov 30, 2008 18:30



Einen Monat ist sie nun schon bei uns, unsere kleine Ida.
Zeit für eine Wortmeldung.

Wir erleben eine sehr intensive, schöne Zeit. Die Hälfte dieser Zeit war sehr anstrengend und teilweise hart, weil die Kleine hier erstmal ankommen musste, sich zurechtfinden musste - körperlich und seelisch.
Es gab und gibt eine Menge zu verdauen. Die Schwangerschaft, die Geburt, das Ankommen in dieser seltsamen Welt.
Hier ist es trocken. Es gibt Schwerkraft. Es gibt Geräusche. Es ist mal hell, mal dunkel. Was sind das für viele Farben? Warum passiert das alles? Warum ist der Po so nass? Und dann wund? Und warum tut das Pupsen so weh? Warum dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis es wieder Milch gibt? Warum kann ich nicht schlafen? Warum versteht mich denn keiner, wenn es so warm oder kalt ist oder mein Arm eingeklemmt ist? Was soll dieser komische Brustwarzenersatz aus Naturkautschuk in meinem Mund? Was soll dieser Schluckauf? Warum kommt nach dem Trinken Luft aus meinem Bauch? Warum muss ich spucken, wenn ich zuviel Milch trinke? Kann ich dem allen hier vertrauen? Muss ich Angst haben?
Und was denkt Ida eigentlich wirklich - wenn überhaupt..?

Viele Abende und Nächte waren sehr hart, was größtenteils an den "Dreimonatskoliken" lag, die sich in diesen Tagen zum Glück schon bessern (und hoffentlich besser bleiben).
Das äußert sich in heftigsten Schreiattakten, bei denen sich das Kind nach dem Trinken, meist nachmittags, abends und nachts, bis an die Ohnmachtsgrenze schreit (ohrenbetäubend, selbst mit Oropax!), bis es oft vor Erschöpfung einige Minuten schläft, um überhaupt wieder die Kraft zu haben, dann weiterzuschreien. Manchmal könnte man denken, dass sich Ida so verausgabt, dass sie jeden Moment keine Luft mehr bekommt und ihr Herz aufhört zu schlagen. Das sind heftige Gefühle. Manchmal sind wir am Ende unserer Kräfte. Vor allem Annas Nerven lagen nachts oft blank, weil sie ja noch viel mehr da sein muss, wegen des Stillens. Manchmal sind 3-4 Stunden pro Nacht normal.

Die Koliken entstehen durch zu viel Luft in Magen und Darm. Das Kind hat es in der Anfangszeit oft schwer, mit Verdauung und Blähungen umzugehen - vor allem, wenn der Darmtrakt noch nicht richtig ausgebildet ist.
Etwa 10-15% der Neugeborenen leiden in den ersten drei Monaten an dieser Erscheinung. Tun kann man oft wenig. Meist ist es ein Aushalten und ein Probieren weniger, einfacher Dinge. Es gibt sanfte Medizin von WALA, die wir jetzt drei Mal verabreicht haben, und zahlreiche Tipps (Bauchmassage, Tees ...), die aber alle nicht wirklich helfen. Oft hilft dann nur einpuken, dasein und auf Besserung hoffen. Die Zeit arbeitet für uns. Und vor allem für sie.
Wenn sie tagsüber schläft, nehmen wir sie oft ins Tragetuch. Die Bewegungen tun ihr gut und erinnern sie an die Zeit im Mutterleib.

Ein bisschen kann ich jetzt nachvollziehen, wenn Eltern sagen, die ersten Wochen sind die härtesten. Ein bisschen kann ich jetzt nachvollziehen, wenn Eltern sagen, eigentlich müsste man die Kleinen jetzt mal alleine schreien lassen, was man aber doch nicht mehr als drei lange Minuten übers Herz bringen kann. Und wiederum muss ich teilweise meinen abwertenden Blick auf diejenigen Eltern zurücknehmen, die es manchmal einfach nicht schaffen, ein so sehr in Rage geratenes Kind zu beruhigen. (Okay, bei älteren Kindern ists oft was anderes, aber bei den ganz Kleinen kann man wirklich oft nichts machen, sagen die Hebammen..)

Manchmal ist weniger mehr, das haben wir von unserer wunderbaren Hebamme und dem genialen Buch "Das Kindergesundheitsbuch" gelernt. Manchmal reicht es, zwei, drei Dinge auszuprobieren und dann selbst Ruhe zu geben - und nicht unseren ersten Versuchen zu folgen, alles einmal durchzuspielen. Wickeln? Nein. Stillen? Nein. Zu warm? Nein. Zu kalt? Nein. Anders liegen? Nein. Bäucherchen? Auch nicht. Schnuller? Bring nix. Spazierengehen? Führt nirgendwo hin. Was vorsingen? Sie übertönt alles!

Und dennoch: Wir wollen sie und die Zeit niemals missen. Zwischendurch, wenn alles gut und ruhig ist und sie langsam sich selbst und die Welt entdeckt, ist es pures Glück, sie zu sehen, zu spüren, zu riechen. Für sie da zu sein, sie zu wickeln, zu pflegen, es für uns drei gemütlich zu machen.

Wir bewegen uns also grad in einer Welt zwischen Windelwaschen, Weleda-Wundcreme und Stilleinlagen, versuchen einen Tag-Abend-Nacht-Rhythmus zu finden, ein wenig eigenes Leben zwischen Babybedürfnis und Haushalt wiederzufinden und aus uns dreien eine feste und gut funktionierende Familie entstehen zu lassen.
Nichts also, was man von den ersten vier Wochen erwarten kann. Wohl aber das, was man sich schon nach dieser kurzen und intensiven Zeit wünscht.

Anna ist die tollste Mama der Welt. Wie sie das alles mitmacht und wie geduldig sie ist. Und wie verliebt sie ist. Ich liebe es, wenn sie Ida in den Schlaf summt und ihr Lieder vorsingt.
Von Jana haben wir u.a. ein schönes Liederbuch bekommen, das hat schon einen festen Platz beim Abendritual gefunden.
Geschenke und Briefe von lieben Menschen haben wir viele bekommen. Das fühlt sich sehr schön an - und es ist toll zu sehen, was von den einzelnen Freunden und Verwandten kommt.

Mittlerweile schlafen wir nachts meistens 2x 3 Stunden, was echt in Ordnung ist. Zwar sind wir auf irgendeine Art Dauermüde und viel empfindlicher als sonst, aber es funktioniert. Der Körper stellt sich drauf ein.

Jobmäßig liefs die letzten zwei Monate so schlecht wie noch nie. Was einerseits gut ist - ich kann für meine kleine Familie da sein (und anders ginge es meistens auch wirklich gar nicht). Ich muss(te) in den letzten Wochen lernen, dass es das Leben wohl einfach gut mit mir meint und ich jetzt mal nicht so überhäuft werde mit Jobs. Nur ist es manchmal schwer, darin zu vertrauen.
Dennoch: Die letzten Tage haben mich wieder motiviert und mir Hoffnung gegeben. Ich glaube, spätestens Anfang nächsten Jahres, nachdem ich dann auch zwei offizielle Monate "Elternzeit" gemacht habe, geht es wieder bergauf!

Tja, in diesem Sinne ... Bis jetzt war es ein sehr spannendes, intensives Jahr mit viel Neuem und fast nur Gutem. Ich freue mich auf die ganze kommende Zeit und weiß: Im Grunde wird alles gut und alles hat seinen Sinn und Platz.
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