Titel: Streichhölzer
Challenge: Eiszapfen
Fandom: ? (Original oder was immer ihr wollt)
Pairing: Er und ich (geschlechtsneutral)
Warnings: Winter, Kälte und jemand, der so ätzend ist, dass er eigentlich schon wieder irgendwo geil is
Wordcount: 800~
Da hatte diese Schlampe uns doch beide einfach versetzt.
Spuckewütend war ich. Am liebsten wollte ich sie in diesem Moment gegen die Wand klatschen. Aber ich wusste auch genau, dass wenn wir uns das nächste Mal sehen würden und sie wieder furchtbar nett und süß zu mir wäre... klar. Wann habe ich je 'Nein' gesagt? Zu einer hübschen Lady? Niemals.
Er hustete.
Es klang nicht wie ein echtes Husten. Mehr wie so ein ätzender, hervorgequälter Laut, um das peinliche Schweigen zu brechen. Nicht, dass ich darauf eingehen würde. Doch es nervte mich. Erst recht, nachdem er es ein zweites Mal tat und dieses Mal sogar dabei mit den Füßen scharrte, um mehr Geräuschkulisse zu erzeugen.
Innerlich rollte ich mit den Augen, doch äußerlich drehte ich mich lediglich ein weiteres Stückchen zur Seite - weg von ihm - um meine Abneigung noch einmal zu verdeutlichen.
Abneigung gegen ihn, Abneigung gegen diese Situation, Abneigung gegen ein Gespräch.
Geh weh, geh weh, geh weg!
"Hör mal", begann er und seine Stimme klang brüchig, doch ich ließ ihn nicht ausreden.
"Nein."
"Du weißt doch noch gar nicht, was ich sagen wollte."
Jetzt klang er amüsiert und gerade das ärgerte mich noch mehr. Leute wie ihn kotzten mich an! Die von der Sorte, die denken, sie würden so fantastisch aussehen und bräuchten nur zu lächeln, um alles und jeden für sich einzunehmen.
'Hey, seht mich an. Ich sehe gut aus. Ihr könnt mir nicht böse sein. Hahaha.'
Ich verzog das Gesicht bei dem Gedanken daran, wie oft ich ihn schon erlebt hatte und dachte, dass er genau das in dem Moment denken würde. Geh sterben!
"Das ist auch gar nicht nötig", murrte ich irgendwann, "meine Drohung von vorhin steht nach wie vor: Wenn du nicht leise bist, schiebe ich dir einen der Eiszapfen in den Arsch. Und glaub nicht, dass ich einen der Kleinen nehmen werde."
Er lachte. Ein ätzendes Geräusch. Er glaubte doch tatsächlich immer noch, ich würde Witzchen machen. Ausgerechnet mit ihm.
"Aber mir ist langweilig und kalt und schlafen kann ich auch nicht."
Ich seufzte genervt. "Glaubst du etwa, dass ich Spaß habe, mir warm ist und ich jetzt auf der Stelle pennen könnte?! Nein! Aber was nützt es einem rumzulamentieren?"
Schulterzuckend hievte er sich hoch und ging wackelig die paar Schritte zum beschlagenen Fenster hinüber, wischte einen kleinen Fleck mit dem Ärmel seiner Jacke frei und schaute hinaus.
Ich beobachtete, wie er in seiner rechten Tasche wühlte und ein halb zerdrücktes Päckchen Dunhill hervorkramte. Er klemmte sich eine der Zigaretten zwischen die Lippen und begann seine Kleidung nach einem Feuerzeug abzusuchen.
Das war auch eine Sache, die ich nicht in meinen Kopf bekam. Wieso hatten Leute, die rauchten, so selten Feuerzeuge und Streichhölzer dabei? Wollten sie es sich schwer machen, um vielleicht irgendwann aufzuhören? Wollten sie einfach nur den Kontakt zu Leuten, indem sie dann jemanden anschwatzen konnten? Oder waren sie einfach nur dumm?
Bei ihm tippte ich auf Letzteres.
Meine linke Hand umklammerte das kleine Päckchen Streichhölzer in meiner Jackentasche. Drei Tage schleppte ich das nun schon mit mir herum. Vor drei Tagen war ich mit ihm und ihr etwas Trinken gewesen und am Ausgang hatte er in die große Holzschale gegriffen und jedem mit einem breiten Grinsen ein Päckchen überreicht. Das tat er immer. Saublöde Angewohnheit. Ich hätte mir im Gegenzug angewöhnen sollen, die Dinger am nächsten Papierkorb sofort zu entsorgen.
Doch ich tat es nicht. Stattdessen füllte sich die Glasschale in meinem Flur immer mehr und mehr mit kleinen, kostenlosen Streichholzschachteln.
Irgendwann gab ich mir einen Ruck und stand ebenfalls auf, ging zum Fenster hinüber und lehnte mich ihm zugewandt an die steinerne Fensterbank.
Ich holte das Schächtelchen hervor, schob es auf, nahm eines der Hölzchen heraus und zog den braunen Kopf mit einer schnellen Bewegung über den Seitenrand.
Feuer flammte auf, erhellte unsere Gesichter. Ich schützte die Flamme mit beiden Händen, obwohl es keinen Zug in diesem Raum gab, er beugte sich hinab und zündete seine Kippe daran an.
Ich blies die Flamme aus und wollte meine Hände senken, als er meine Rechte mit seiner freien Hand festhielt. Kein fester Griff - ich hätte mich jederzeit losmachen können. Doch gerade wollte ich das nicht. Sein Aftershave roch gut, seine Hand war wärmer als meine und das schnelle Klopfen meines Herzens war nicht unangenehm.
Aus dem Augenwinkel sah ich noch, wie das rot glühende Ende seiner Zigarette nach unten sank, dann war plötzlich sein warmer, leicht rauchiger Atem in meinem Gesicht.
...und ich dachte eigentlich, das mit uns wäre lange vorbei.
"Was ist geschehen?", fragte er später, als wir wieder auf unserem alten Platz saßen. Dieses Mal dichter zusammengedrängt.
"Sie", antwortete ich und er machte ein abfälliges Geräusch.
"Wenn es wirklich nur das ist. Ein Wort von dir..."
Ich schüttelte den Kopf. "Kein weiteres Wort. Vergiss nicht den Eiszapfen. Ich scherze nicht."
Er lachte wieder - dieses Mal nicht ganz so ätzend - und blieb für den Rest der Nacht still.
Danke fürs Lesen, fröhliches Fest morgen :3
Lummy~