Challenge: Krimi/Thriller/Horror - bei Kerzenschein (Päckchen 12)
Team: Community (Megateam)
Fandom: A Plague Tale: Innocence
Charaktere: Amicia, Mellie
Warnung: Schon wieder Killernager.
„Sackgasse. Fuck!“, fluchte Mellie nachdem sie den Raum von ihrer Position nochmal genauer begutachtet hatte. Der erste Blick war schon nicht verheißungsvoll gewesen, aber jetzt wurde sie doch nervös. Sie schaute zu Amicia hinüber, die neben ihr stand und nachdenklich auf ihre Unterlippe biss. Ihr Blick glitt immer wieder zu den Schwärmen von aggressiven Ratten vor ihnen, die zwischen den beiden Mädchen und ihrer einzigen Fluchtmöglichkeit standen. „Das ist jetzt der richtige Moment für deine Cleverness, Amicia“, murmelte Mellie ihr zu. Nervös schaute sie zu den Ratten, dann zurück in den Treppengang, aus den sie gekommen waren. Mellie hatte schon viel erlebt und noch mehr gesehen. An Soldaten kam sie vorbei, sie wusste sie auszutricksen, sich in Nischen zu zwängen, zu klettern, zu entkommen, zu verschwinden. Aber tollwütige, blutrünstige Ratten, denen man nur mit Licht und Feuer beikommen konnte, und sich auf alles stürzten, dass nach Blut roch? Ein weiterer Albtraum für Mellies Kollektion.
„Ich überlege“, murmelte Amicia zurück und strich sich fahrig über das Gesicht, dann die losen Haarsträhnen zurück über den Kopf. Die Müdigkeit und der Stress waren ihr inzwischen anzusehen. Als wohlbehütete Fürstentochter war es einiges, aber Mellie war jedes Mal aufs Neue überrascht, was Amicia alles konnte und aushielt.
Das Holz unter ihren Füßen knirschte mit jeder kleinen Gewichtsverlagerung und Amicia verzog das Gesicht. Unsicher sah sie zu Mellie hinüber, die ihr ein halbes Lächeln zuwarf. „Die werden das nicht bemerken, dafür sind sie zu sehr mit ihrer kleinen Diskussion beschäftigt.“ Dass die unten postierten Soldaten sie hören würden, sobald sie beispielsweise durch den Raum rennen oder auch nur schlecht auftreten sollten beim Gehen oder Durchschleichen, ließ sie ungesagt - sie sah die Sorge deutlich in Amicias Gesicht. Trotzdem nickte sie ihr zu, versuchte selber ein mutiges Lächeln aufzusetzen und atmete einmal tief durch, als sie sich wieder umzusehen begann. Der Raum war spärlich eingerichtet und das Meiste an brauchbarem Mobiliar, auf das sie vielleicht hätten klettern können, war auf der anderen Seite des Zimmers, in Dunkelheit der Nacht gehüllt. Der Boden war fast völlig bedeckt von Ratten, die sich über die zwei Leichname bereits hergemacht hatten, und anfingen nach weiteren Opfern zu suchen. Das einzige, das Amicia und Mellie in diesem Moment schützte, war eine niederbrennende Kerze auf einem kleinen Tisch neben der Tür, in der sie standen. Wenn sie unvorsichtig eintraten, würden sie Schatten werfen und diesen diabolischen Biestern die Chance bieten, sie anzugreifen. Mellie war wirklich am Überlegen, ob es nicht einfacher wäre, sich einen komplett anderen Weg zu suchen, aber sie hatten nicht die Zeit und es konnte zu viel schiefgehen. Amicia reckte vorsichtig den Kopf weiter in den Raum, um mehr zu erfassen, und fluchte leise.
„Das Wachs ist schon so heruntergeschmolzen, dass die Kerze bestimmt festklebt - und mehr Kerzen sind auch nicht da.“
„Natürlich...“
„Aber-“, begann Amicia und verstummte.
Mellie schaute ihre Begleiterin erstaunt an und spürte, wie unvermittelt Hoffnung in ihr aufstieg. Schon im nächsten Moment ärgerte sie sich über sich selbst und schüttelte den Kopf. Wann hatte sie schon solches Vertrauen in eine französische Fürstentochter gewonnen? Arthur würde sie auslachen, wenn sie es ihm erzählen würde. „Hast du was gefunden?“, fragte sie vorsichtig.
Amicia zögerte, ehe sie wortlos nickte und schließlich wieder zu Melli hinübersah. „Aber es ist riskant.“
Mit einem leisen Schnaufen und breiten Lächeln zuckte Mellie mit einer Schulter. „Erzähl mir was Neues, Milady.“
Amicia lächelte verschmitzt. „Auf dem Tisch liegt ein Kleidungsstück, das nach Wolle aussieht. Mit meinen Vorratsresten könnte ich eine Fackel hinkriegen. Aber sie wird schnell ausbrennen und vermutlich schwach sein.“
„Das klingt wie ein Plan“, nickte Mellie ihr bestärkend zu.
„Hoffentlich wird es auch ein Funktionierender sein“, flüsterte Amicia und biss sich wieder auf ihre Unterlippe.
Mellie legte ihre Hand auf Amicias Rücken und stellte sich dichter neben sie. Mit einem breiten, hoffentlich Wagemut ausstrahlenden Lächeln beugte sich Melli zu Amicia herüber und flüsterte: „Du hast mich bisher nicht enttäuscht, Milady - nur Mut!“