Team: Metaphermorphose
Challenge: Crack/Humor: Verhört (Päckchen 8)
Fandom: Youtuber (Berliner Cluster)
Wörter: ~1500
Pairing/Personen: Frodo/Flo
Anmerkung:All the drama um Parkett. Frodo verspürt geringfügig USTs mit Flo.
(Ich weiß jetzt schon nicht mehr, was ich hier tue. Es gibt einen Grund, weshalb das unter Crack läuft.) Fortsetzung von
Das Geschäftsessen Max gähnt verhalten in seine Faust, als er die Reklamationsdokumente auf seinem Schoß neu sortiert. Hinter ihnen liegt Termin Nummer fünf für heute. So richtig Lust hat er seit der Halbzeit nicht mehr, schon gar nicht, wenn er an die liegengebliebene Arbeit im Büro denkt, die er entweder heute Abend oder morgen früh vor dem Aufstehen wird nacharbeiten müssen.
Flo, der Techniker des Zulieferers, biegt auf die A10 und beschleunigt.
Der am weitesten entfernte Termin befindet sich irgendwo am Rand von Neuruppin.
Ein ehemaliger Bauernhof, den der Endkunde vor kurzem aufgekauft hat und nun saniert, um irgendwann angeblich Coachings und Digital Detox-Wochenenden für überbezahlte Manager anzubieten. Zumindest hat Herr Gerhardt das erwähnt.
Außer Autobahnraststätten, Windrädern und Kühen gibt es draußen nichts zu sehen. Was Max stattdessen auffällt, ist, dass der smarte, sonnengebräunte Techniker mit dem Fortschreiten des Sommers nur noch gebräunter geworden ist. Das war ein Prozess, der dank unzähliger Reklamationen, zu denen Max ihn seit Wochen schleppt, gut zu beobachten war. Unter seinem dunklen Shirt fließen Tattoos hervor, die zu verstecken er gegenüber den Kunden keine Anstalten macht. Max hat - davon inspiriert - sein langärmliges Hemd seit dem ersten Termin heute Morgen in Flos Auto liegenlassen.
Er ertappt sich dabei, wie er etwas zu lange aus dem Augenwinkel zu seinem Geschäftspartner rüberschielt und fummelt nach seinem Handy.
„Eine Frage“, setzt Flo an und überholt geschmeidig einen vor sich hinschlafenden Skoda. Im Inneren sitzt eine Frau und headbangt zu offensichtlich guter Musik.
„Hast du eigentlich damals beim Strohhalmziehen den Kürzeren gezogen?“
Max sieht überrascht auf; „Häh?“
„Naja“, macht Flo. „Bist du nich‘ eigentlich im Purchasing? Normalerweise hast du eher mit Olli zu tun als mit Leuten wie mir.“
Richtig. Olli is Dombrowskis Vorname, den Max auch nur nicht benutzt, weil er bei Olli eher an seinen Kumpel aus seiner Band denkt. Es waren vor gut dreißig Jahren definitiv zu viele Menschen zu faul für eine vernünftige Namenssuche.
Er zuckt mit den Schultern;
„Eben, ich bin derjenige, der euren Kram einkauft. So bleibt alles in einer Hand. Aber ja, eigentlich müsste Stefan hier sitzen.“
Wieder muss er sich hüten, zuviel zu sagen und Flo darzulegen, dass sein Chef nicht die besten Stücke auf ihn zu halten scheint und er dadurch ungeliebte Aufgaben aufgebrummt bekommt. Ein Blick liegt auf ihm und als er ihn spürt, sieht er Flo an und macht eine Was soll’s-Bewegung mit den Händen; „Sei froh, mit mir haste mehr Spaß.“
Kurz vor Neuruppin machen sie zum Mittagessen Rast. Zwischen Döner Kebab, Club Mate und Falafelteller legt Flo den Kassenbon zwischen sie auf den Tisch.
„Wenn das nächste Ding wieder ‘n Verlegefehler is‘, musst du mir das Geld für’s Mittag wiedergeben!“, verkündet er hoheitsvoll.
Max hat den Mund voller Salat, weswegen er seine höchst empörte Reaktion erst verzögert zum Besten geben kann, was den dramatischen Effekt verringert;
„Entschul’jung?! Dein Gammelfleisch kannste schön alleene bezahlen! Außerdem - wenn’s darum ginge, müssten wir eh warten, bis der unabhängige Gutachter da war!“
Flo blickt ihn blinzelnd an: „Ich hab mich wohl verhört!“
„Na klar“, sagt Max. „Du glaubst doch nich‘ wirklich, dass wir das schlucken, wenn du Copy-Paste-mäßig auf jede Beanstandung Verlegefehler schreibst.“
„Wat kann ick dafür, wenn es immer Verlegefehler sind?“
„Ach, na komm!“ Max wischt sich den Mund ab. „In einem Punkt hat mein Chef Recht: Bei euren Bodenplatten is‘ echt noch Luft nach oben. Ich hatte in der letzten Lieferung ‘ne Box, in der das oberste Paneel aussah wie‘n halbes Fragezeichen. War durchaus faszinierend, aber wir bezahlen euch nich‘ für moderne Kunst. Von ‘nem Supplier mit Exklusivertrag kann man schon echt mehr erwarten.“
Flo guckt ihn langsam kauend an. Einer seiner Mundwinkel zieht sich plötzlich mit einem Hauch von Arroganz in die Höhe und er nickt langsam;
„Mir is‘ schon klar, dass das für euch automatisch Produktionsfehler sind. Weil wenn’s falscher Transport oder fehlerhafte Lagerung wären, könnt ihr euch die Kosten ja nich‘ von uns wiederholen.“
Max beugt sich über den Tisch. Er stellt fest, dass das angriffslustige Funkeln in den Augen seines Gegenüber zurück ist.
„Sorry, Herr Geschäftspartner, aber ich schick dir nich‘ jede Woche ‘ne Liste mit Claims, weil ich Bock auf eure mickrigen Gutschriften habe. Da hab ick echt Besseres zu tun.“
„Von mir aus“, erwidert Flo und lehnt sich betont lässig zurück. „Holt euch euren Gutachter, das wird für euch nur teurer.“
„Nich‘ für uns“, grinst Max, „Für euch!“
„Pff“, macht Flo und legt seinen Döner weg. „Dit gloobst aber ooch nur du. Was meinst du, erhöhen wir den Wetteinsatz? Nachtisch?“
„Immer!“ Max verschränkt die Arme; „Eis. Ben&Jerry‘s.“ Er nickt schräg nach hinten zu der Stelle im Imbiss, wo kleine Speiseeistöpfchen in einem Tiefkühler lagern.
„Damit’s ooch richtig schön wehtut!“
Eine halbe Stunde später stehen sie vor einem riesenhaften, neu verputzten Haus und ihnen öffnet ein Typ in einem maßgeschneiderten Anzug. Max stellt ihm sich und Flo vor und muss feststellen, dass der Mann sein Handy in einem Täschchen am Gürtel trägt. Es lugt unter dem eigentlich tadellosen Jacket hervor wie das Holster eines Revolvers.
„Folgen Sie mir“, sagt der Anzugmann dann auch gleich. „Ich zeige Ihnen den Patienten.“
Flo wirft Max einen Blick mit hochgezogener Augenbraue zu.
„Stören Sie sich nicht an den Kartons,die Möbellieferungen sind alle verspätet. Bitte Schuhe ausziehen! Unsere Reinigungskräfte waren erst heute Morgen da.“
In Strümpfen folgen sie dem Mann durch das Haus, eine Treppe hinab und um drei Ecken.
Schon wieder ein Kellerraum.
Beinahe rechnet Max damit, dass sich vor ihm ein Zimmer auftut, in dem er wieder Peitschen und Handschellen zählen kann. Er ist enttäuscht, dass der Raum bis auf ein Rudergerät leer ist.
„Da, schauen Sie sich das an. Ich kann auch extra Licht holen, wenn es Ihnen hier zu dunkel ist.“
„Keene Sorge, ich seh schon“, winkt Flo ab.
Wieder starren sie gemeinsam auf einen Bodenbelag aus hochwertigem Parkett. Flo schaltet seinen Expertenblick an, geht auf ein Knie und fährt mit den Fingerkuppen die Übergänge der Paneele ab. Und obwohl Max inzwischen weiß, wie das aussieht und was genau passiert, kann er nicht anders, als fasziniert zuzusehen. Die Art, wie der Mann sich vorbeugt, wie sich unter seinem Shirt kurz die Schulterblätter und Rückenmuskeln abzeichnen. Wie er den Boden abtastet. Er trägt bunte Socken mit kleinen Super Marios drauf, was Max am liebsten für immer ignorieren möchte, weil ihm dazu nur uncool-gerührte Worte einfallen.
Flo schnaubt leise kichernd, dann sieht er auf zu ihm;
„Frodo?“
Sein Spitzname aus diesem Moment ist immer noch merkwürdig. Alles andere als schlecht - aber eben ungewohnt.
„Ja?“
„Du schuldest mir Geld.“
„Du verarschst mich doch!“, ruft Max gespielt empört.
„Komm her, guck dir dit selber an! Na los, komm her!“
Max rutscht zum Techniker herüber und lässt sich ähnlich nieder. Bevor er es sich versieht, hat Flo nach seiner Hand gefasst und führt sie zum Parkett herab. Das fühlt sich ein wenig so an, als ob die Welt umkippt.
„Da“, sagt Flo. „Merkst'e dit? Da unten is 'ne unnötig große Lücke in dem Winkel.“
„Du bist'n Winkel“, gibt Max zurück, weil sich blitzschnell ein Kloß in seinem Hals gebildet hat und unüberlegt Dinge Blaffen seine einzige Verteidigungsstrategie gegen so etwas ist.
„Nee, ich meine - Merkst du dit nich'?“ Flo führt seine Finger über die im Kellerlicht schier unsichtbaren Fugen.
„Das sieht zwar auf'n ersten Blick so aus, aber die Kanten schließen nich' vernünftig ab. Deswegen wellt sich der Belag.“
Max würde es vermutlich fühlen, wenn er nicht zu abgelenkt davon wäre, dass der Kerl gerade mit ihm Händchen hält.
Ihm dabei zuzugucken, wie er sich kompetent und seriös über Bodenbeläge bückt, ist eine Sache. Aber das hier - Das ist nicht gut.
„Tut mir ja echt leid“, sagt Flo jetzt. „Aber dit is'n Verlegefehler.“ Er lehnt sich langsam etwas zurück, so dass er halb auf einem Bein sitzt. Dass er Max' Hand noch immer irgendwie festhält, scheint ihm gar nicht aufzufallen.
„Aber weeßte, was das bedeutet?“
„U-huh“, macht Max wenig eloquent. „Ich hätte das Ben&Jerry's sein lassen sollen.“
„Das mein' ich nich'.“
Er kann sehen, wie Flos Blick zu ihm herüberrutscht, auf ihren Händen hängenbleibt und der Techniker ihn loslässt, als hätte er sich verbrannt, sich halb räuspert und nach seinem Handy greift, um Fotos zu machen.
„Ich meine, dass ich so langsam nich' mehr an Zufälle glaube.“
„Wieso Zufälle?“
„Seit zwei Wochen gucken wir uns einen Claim nach dem anderen von euch an und bei fast allen sieht es nach Pfusch beim Verlegen aus. Sorry, Frodo, aber irgendwas stimmt da nich'.“
Flo sieht ihn lange und bedeutungsschwer an. Das Funkeln kehrt in seine Augen zurück und nun ist es nicht mehr herausfordernd, sondern eingeschworen.