Team: Metaphermorphose
Challenge: Orte: Keller (für das Mega-Team)
Fandom: Youtuber (Berliner Cluster)
Personen: Frodo, Flo, Olli
Anmerkung: Andere schreiben irgendwelche Fantasy- oder historische AUs. Oder wenigstens Coffee Shop AUs. Und dann komm ich. Naja. Dies ist zum Warmwerden. (Die erste Sommer-Challenge, an der ich seit vier Jahren so richtig teilnehme. Wow.)
Sie stehen im Keller und formen einen Kreis um die Bruchstelle, während sie versuchen, nirgendwo sonst hinzustarren.
Stefans Mundwinkel zucken verräterisch, seitdem er einen Fuß in diesen Raum gesetzt hat. Herr Gerhardt schwitzt nervös in sein graues Jackett. Max räuspert sich kurz, weil er einen Frosch im Hals hat (wirklich jetzt) und erntet einen bösen Blick von seinem Chef. Neben ihm stehen die beiden Typen vom Zulieferer. Dombrowski vom Vertrieb, bei dem Max seine Bestellungen absetzt und der Techniker, der den Schaden begutachten soll.
Sie stehen also gewichtig im Kreis und gucken auf den Boden, damit sie die andreaskreuzförmige Vorrichtung aus Edelstahl an der Wand mit den Ketten und Handschellen nicht angucken müssen.
Stefans Mundwinkel zucken immer noch.
„Also“, setzt der Techniker an. Wie hieß der nochmal? Ach, was war das nochmal? Es klang ähnlich wie ein Körperteil. Max hat ihm eben die Hand geschüttelt, aber die Peitschen an der Wand haben ihn dann doch mal kurz abgelenkt.
„Was hat Ihr Kunde nochmal gesagt, hat den Schaden verursacht?“
Herr Gerhardt räuspert sich genauso wie Max es eben getan hat, aber weil er der Chef ist, bekommt er natürlich von niemandem böse Blicke zugeworfen.
„Ein stumpfer Gegenstand aus Edelstahl“, nuschelt er. „Er ähm... hat das nicht genauer spezifiziert.“
„Naja“, gibt der Techniker zurück. „Wenn man sich so umguckt, kann man sich ja denken, wat det war.“
Er guckt Dombrowski an, der guckt schulternzuckend zurück.
„Machen wir das nicht schlimmer als es eh schon ist“, sagt Herr Gerhardt, fischt nach einem Taschentuch aus seiner Hose und wischt sich die Stirn ab.
„Aber eine Reklamation ist nun mal eine Reklamation und in Ihrer Broschüre haben Sie nun mal stehen, dass die Bodenbeläge auch solche Sachen aushalten können.“
Sie gucken wieder hinab. Genau genommen ist das keine große Sache. Zwei der dunkelbraunen Paneele im Kirschbaumstil haben jetzt einen hässlichen Riss. Dabei ist der Fußboden doch nun wirklich das letzte, was man sich hier anguckt.
„Haben wir?“, fragt der Techniker und dreht sich zu Dombrowski herum.
„Haben wir“, bestätigt dieser. „Gewährleistung auch wenn der Bodenbelag sich in Räumen befindet, wo er stark beansprucht wird. Hobbyräume fallen auch darunter.“
Stefan entfährt ein Zischen. Er versucht es als Husten zu tarnen und dreht sich kurz weg. Herr Gerhardt wirft ihm giftige Blicke zu.
„Ja, jut“, sagt der Techniker. Man sieht das in dem Kellerlicht nicht so, aber er ist sommersonnenbraun gebrannt und sieht aus, als würde er unter seinem dunklen Hemd ganz schön schwitzen.
„Is' ja keen Hit. Wir liefern euch ein paar Paneele free of charge, ihr könnt die an die Stelle verlegen und denn hat sich die Sache.“
„Oh gut“, rutscht es Herrn Gerhardt erleichtert raus. „Dann haben wir die Sache ja geklärt. Sie veranlassen die Ersatzlieferung?“
„Auf jeden Fall“, sagt Dombrowski. „Schicken Sie uns nur eine Bestellung über, sagen wir, eine Box und wir senden Ihnen anschließend die entsprechende Gutschrift.“
„Prima. Krüger, ham'se gehört?“
Ich hab die ganze Zeit neben dir gestanden, du Eumel, will Max sagen, doch hält sich zurück. „Klar“, gibt er stattdessen von sich.
„Gut. Meine Herren?“
„Geh'n se ruhig schon vor.“ Der Techniker zückt sein Handy. „Ich mach nur noch kurz ein paar Bilder für unsere Doku.“
Herr Gerhardt nickt und zischt ab. Stefan stolpert ihm geradezu nach, so wie er immer an den Fersen des Chefs klebt und Dombrowski schlendert gemütlich hinterher.
Max hat eigentlich keine Lust, mitzugehen. Außerdem sollte er vermutlich aufpassen, dass der Techniker hier keine dummen Sachen macht. Es geht schießlich um den Keller eines Kunden.
Der Mann geht in die Hocke und macht klickend ein paar Fotos aus verschiedenen Winkeln, mit und ohne Blitz. Die halb hochgekrempelten Ärmel seines Hemds rutschen etwas hoch und offenbaren ein Tattoo, das an eine Tonspur erinnert.
Max hat die Hände in die Taschen seiner Jeans geschoben und blickt sich nun doch um. Die Tapete an den Kellerwänden ist weinrot, an allen möglichen Stellen hängen irgendwelche pinken Puschel und violette Samtkordeln. Er vermutet, dass die Besitzer des Hauses anno dazumal ein paar Mal zu oft Moulin Rouge gesehen haben. Sein Blick gleitet vorbei an Knebeln und Fesseln.
„Und?“, fragt er, weil das Schweigen nun doch langsam unangenehm wird.
„Schon mal eine Reklamation an so einem delikaten Ort gehabt?“
Okay, das mit dem Smalltalk muss er vielleicht nochmal üben. Für das nächste Mal sollte er sich vornehmen, Dinge zu fragen wie „Und, wie lange sind Sie schon im Unternehmen?“ oder „Gab es viel Stau auf dem Weg hierher?“
„Ich weiß gar nich', was daran so schlimm sein soll“, erwidert der Techniker und erhebt sich wieder in den Stand. Er zuckt mit den Schultern; „Es is'n Hobbyraum.“
Und noch ehe Max sich dazu irgendwie äußern kann, scheint in dem Mann das Thema komplett abgeschlossen zu sein, denn er steckt sein Handy ein und guckt ihn mit einem Mal wieder an, diesmal sehr eindringlich.
„Moment mal“, sagt er interessiert. „Krüger, stimmt! Olli hat erzählt, bei euch im Lager sagt jeder nur Frodo zu dir - äh - Ihnen. Sorry.“
Er schafft es, innerhalb weniger Sekunden, die Stimmung wieder aus dem Loch zu holen, in das Max sie halb hat fallenlassen. Zumindest ist er sehr froh darüber, dass er so tun kann, als würde ihn der Raum sich nicht auch etwas unbehaglich fühlen lassen.
„Kein Ding“, sagt er also schnell. „Wir können ruhig Du sagen. Und ja. Spitznamen werden bei uns groß geschrieben. Liegt aber vor allem daran, dass wir drei Maxe und vier Stefans haben.“
„Kommt mir leicht bekannt vor“, erwidert der Techniker und grinst auf eine sehr smarte Art und Weise.
„Ich bin Flo.“
„Na denn. Hi, Flo.“
Oh Gott, ey.
„Hi Frodo.“
Vielleicht liegt es an der Umgebung, die Intimität suggeriert, doch Max fühlt in diesem Augenblick kurz den Hauch von das fühlt sich so wenig fremd an über sich streifen. Er muss blinzeln und einmal ausatmen und dann erst begreift er, woher es kommt. Oh, verdammt.
Der smarte Techniker namens Flo bekommt es gar nicht mit. Er dreht sich um und geht ihm voran aus dem peinlichen Keller mit dem Riss im Bodenbelag.