Charakterschwächen - aufbrausend

Sep 16, 2019 18:34

Team: Schwarz
Challenge: Charakterschwächen - aufbrausend (für mich)
Fandom: Original (Die Weihnachtskiller)
Anmerkung: Danke an der_jemand für die wertvolle Kerninfo für diesen Beitrag XD

“WAS ZUR HÖLLE?!”, schallte es über die gesamte Etage. Im Büro zuckten alle zusammen und sahen einander fragend an. Es war ganz klar Corinnas Stimme gewesen und Jasmin, Merten und Tatjana versuchten sofort auszumachen, welchem Kollegen sie die Schuld zuschieben konnten, auch wenn noch nicht klar war, was überhaupt geschehen war. Aber war das wirklich so wichtig, wenn man einen Sündenbock hatte?
Über den Flur begann sich der Gestank von Angstschweiß aus den anderen Büros zu sammeln und die Luft weiter zu verdichten. Es steigerte nur noch mehr die Nervosität der Angestelltenherde. Undefinierbarer Lärm war zu vernehmen, ehe das distinktive Klackern von Pfennigabsätzen und Corinnas Stechschritt hallten.
“Es ist Juli!”, rief Corinna über den Flur marschierend. Unter ihre erboste Stimme mischte sich das Klappern und Rascheln der verängstigten Untergebenen. Plötzlich blieb sie stehen. In der eintretenden Stille war deutlich das trockene Schlucken und Herzrasen einiger besonders nervöser Kollegen zu hören. Jasmin sah tadelnd zu Tatjana und Merten, als würde deren Verhalten nur die Aufmerksamkeit des Amokläufers auf ihre Gruppe lenken. “Warum liegt in der Kaffeeküche Weihnachtsgebäck?!” Das letzte Wort schien Corinne förmlich herauszuwürgen. Die Mission Weihnachten auszumerzen ist ihr inzwischen zu intensiv in Fleisch und Blut übergegangen, trauten sich manche zu munkeln. In ihrer LinkedIn-Profil steht “zielorientiert”.
Irritiert sahen die drei Kollegen einander an. Sowas stupides trauten sie keinem von ihnen zu. Einen Moment später begann die Anspannung aus ihnen zu weichen, weil sie sich in Sicherheit glaubten. Doch Tatjanas Neugierde begann die Oberhand vor ihrem Überlebenswillen zu gewinnen. “Welche Art von Weihnachtsgebäck? Ist euch was aufgefallen?”, flüsterte sie den anderen beiden zu.
Jasmin zuckte mit den Schultern. “Ich war das letzte Mal heute morgen um 7 Uhr in der Küche.”
Es war Merten anzusehen, dass er angestrengt nachdachte. “Vorhin war ich in der Küche, um mir einen Tee zu kochen und Spekulatius hinzust-”
Jasmin und Tatjana japsten entsetzt und Merten verstummte sofort, verstört von deren Reaktion. Plötzlich waren wieder die Pfennigabsätze im Flur zu hören. Panisch sah Tatjana zu Merten herüber, während Jasmin sich entstannt ihrem Bildschirm zuwandt und scheinbar wieder die Arbeit aufnahm. Nur ein aufmerksamer Kenner und Beobachter hätte ahnen können, dass sie nur darauf wartete Zeuge eines bestialischen Massakers zu werden.
Merten stiegen die Schweißperlen auf die Stirn, seine Achseln wurden klamm und seine Hände kalt. Er war nicht sicher, was er falsch gemacht hatte, aber scheinbar hatte er etwas falsch gemacht. Als dann in der Tür Corinna erschien und sofort ihren Blick auf Merten fixierte, wusste er, dass sein letztes Stündchen geschlagen hatte. Er bereute es die Bewerbung in die Konkurenzfirma nicht abgeschickt zu haben. Oder bei seiner Tante im Dorfladen zu arbeiten.
“Du hast Spekulatius da hingestellt?”, fragte Corinna mit zu viel Ruhe in der Stimme. Ihr Blick schmelzte Polkappen.
Mertens erster Instinkt war zu erstarren und sich quasi totzustellen. Es reichte nicht mal zum Nicken oder Kopfschütteln, geschweige denn zum Atmen. Der Klang der Pfennigabsätze mischte sich in das Dröhnen zwischen seinen Ohren.
Schließlich blieb Corinna vor seinem Schreibtisch stehen und atmete tief durch. “Merten, ich schätze dich als meinen persönlichen willigen Arbeitssklaven. Du kriegst eine Chance dich zu erklären.”
Jasmin und Tatjana wechselten gespannt Blicke aus. Es war endlich der Moment gekommen, wo sie ihre hypothetische Wette laufen lassen konnten, die ein ähnliches Szenario beschrieb. Jasmin hatte darauf gesetzt, dass Merten ohnmächtig werden würde. Tatjana dagegen war sich sicher, dass er sich einnässen würde. Beide würden verlieren, weil Merten genug Fassung behielt, um seine Körperfunktionen weitesgehend zu kontrollieren - abgesehen vom nervösen Stottern.
“Spe-spekula-latius, also- also, Corinna, schau- also, das- ich wusste nicht- also wo ich herkomme- da ist Spekula-latius völlig, also völlig normal! Corinna, DIE NIEDERLÄNDER!!”
Die drei Frauen im Büro sahen Merten irritiert an.
“Was ist mit den Niederländern?”, fragte Corinna etwas schnippisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
Alle kleinen Rädchen in Mertens Kopf rasten in einem Überschalltempo, dass es ihm ganz schwindelig wurde. “Das ist eine elaborierte Verschwörung! Sie tun nur so protestantisch und zurückgenommen, aber eigentlich versuchen sie nur Weihnachten zu kultivieren. So wie sie Valentinstag fördern! Sie stehen hinter Valentinstag! Sie haben eine Wintergebäckshandelsachse des Bösen mit Nürnberg und Lübeck! Das ist ein diskretes Lebensmittelkartell und sie manipulieren uns mit Gewürzgebäcken und Marzipan!” Er war ganz atemlos nach seinem kurzen Monolog, den er in etwa einem Atemzug komplett runtergerattert hatte. Ängstlich fokussierte er seinen Blick wieder auf Corinna, die noch immer zu verarbeiten schien, was er ihr im Wortschwall vor die Füße gekotzt hatte.
“Das ist- faszinierend. Verrückt, aber faszinierend”, sagte sie mit einer wohlwollenderen Stimme. “Eliminiere trotzdem diesen Feind aus der Küche, bis auf den letzten Krümel. Ich schicke dir gleich eine Arbeitsliste. Danach wirst du dir zwei Mal überlegen, was du hier einschleppst.” Corinna drehte sich auf ihrem Absatz um und stöckelte wieder gefasst und professionell aus dem Büro.
Voller Bewunderung seitens Tatjana und Enttäuschung und Verwirrung von Jasmin sahen sie Merten an, als hätte er es mal wieder geschafft dem Tod von der Schippe zu springen.
Merten brauchte einen Moment, ehe er vor lauter plötzlich einsetzender Entspannung förmlich in sich zusammensackte und in seinen Bürostuhl schmolz. Mit einem erleichterten Lächeln murmelte er: “Ich glaub, sie mag mich.”

original: die weihnachtskiller, original, nyx, team: schwarz

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