Team: Schwarz (Eisberg)
Challenge: Crack/Humor: Ausschlag - fürs Team
Fandom: Original (Arbeitstitel: Square-san & Biker-san)
Charaktere: Wolfgang (ein Spießer), Horst (ein Biker)
Warnungen: Jemand übergibt sich und eine Esstörung wird politisch inkorrekt erwähnt.
Wörter: ~ 1080
Anmerkung: Für
Nyx_chan, die wollte, dass die beiden existieren. (Wie es dazu kam, ist ne lange Geschichte.) Sie wollten sich nicht immer an die Schubladen halten - ihre eigenen und das Genre. Ich hab sie trotzdem mal machen lassen. Born to be wild und so.
Hinter ihm würgte jemand in der Kabine rum und kam dabei nicht zu Potte. Seit geschlagenen fünf Minuten. Horst packte sich mit einem Seufzen wieder zusammen und zog den Hosenstall zu. So konnte doch kein Mensch pinkeln. Aber mit voller Blase in den Saal zurückzugehen, war natürlich auch nicht drin. Diese Hochzeit würde er nicht überstehen, wenn er nicht konsequent weitertrinken konnte. Und Rausgehen… Rausgehen barg seine ganz eigenen Gefahren, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er sich die Eier abfrieren würde.
Er entschied sich für die Flucht nach vorn und klopfte an die Tür des Würgers.
„Kann man dir helfen?“
„Hast du ne Pfauenfeder?“, zischte es entnervt zurück. „Soll ja angeblich helfen!“
„Kommt drauf an, fühlst du dich zu dick, oder gibt’s ein anderes Problem?“
Der Kotzbrocken stöhnte auf und öffnete die Kabinentür. Er war schlank, gefühlte zwei Meter hoch und hatte es irgendwie trotzdem geschafft, einen Anzug zu finden, der selbst in dieser misslichen Lage noch saß als hätter der Mann nie in seinem Leben etwas anderes als Anzüge getragen. Nur die einstmals perfekt angelegten Haare waren etwas durcheinandergeraten und hatten dabei kleine Antennen gebildet, wie bei einem Krabbeltierchen.
„Ich bin nicht magersüchtig, du Idiot!“, blaffte der Kotzkäfer zu ihm herunter. „Ich muss das Zeug aus gesundheitlichen Gründen wieder rauskriegen!“
„Definiere ‚gesundheitliche Gründe’“, verlangte Horst misstrauisch.
„Wenn ich meinen Magen nicht schnellstmöglich leer kriege, sehe ich in circa zwölf Stunden aus wie ein explodierter Streuselkuchen. In zwölf Stunden ist Montagmorgen.“
„Ah, du bist allergisch?“
„Bingo!“, ätzte der Käfer.
„Scheiße“, befand Horst. „Gegen was?“
Der Käfer rollte so heftig mit den Augen, dass Horst glaubte, sie müssten jeden Moment herauskullern und über die Brillenfassung in den Freitod springen.
„Koriander. Wer tut Koriander an Salzkartoffeln?!“
„Ich glaub, Sabine kennt den Koch vom Yoga“, kombinierte Horst.
Der Käfer sah ihn an als wollte er vom Würgen zum Erwürgen übergehen. Horst überlegte kurz, ob das funktionieren könnte. Er könnte dem Kerl zur Antwort ordentlich in den Bauch schlagen. Fest genug in die Magengegend und das mit dem Rückwärtsessen würde von ganz allein losgehen. Aber vielleicht war der Käfer aus der Familie des Bräutigams und das würde Sabine dann garantiert falsch verstehen. Er hatte ihr versprechen müssen, sich auf ihrer Hochzeit zivilisiert zu benehmen. Deswegen stand er ja auch hier mit voller Blase. Wer trank - wenn auch auf niedrigem Alkoholpegel (zivilisiertes Benehmen, wie gesagt) - also, wer trank, der konnte nicht reden.
Er seufzte wieder.
„Ich geh mal die Deko checken, vielleicht find ich ja wirklich ne Feder. Oder in der Küche? Wir hatten Geflügel aufm Menü, oder?“
Der Käfer schlug melodramatisch die Hand gegen den Kopf und dann die Kabinentür wieder zu. War wohl doch nicht so ernst gemeint gewesen mit der Feder. Na gut, dann eben nicht. Aber irgendwie mussten sie das Problem lösen, dass sie beide nicht konnten, was sie dringend tun mussten.
Horst überlegte.
„Wie tief hast du den Finger drin?“, fragte er schließlich.
„Was?!“
„Du musst ihn so weit reinstecken, dass du fast erstickst.“
„Bist du Bulimiker?!“
„Seh ich so aus?“ Horst schnaubte belustigt. „Nein, Mann, im Ernst, ich hatte das auch mal. Hab n halbes Brötchen mit Lachs gefrühstückt, richtig lecker. Dann wollte ich mir die andere Hälfte belegen und hab gesehen, dass hinten in der Packung schon was lebte.“
„Urgh“, würgte der Käfer vielleicht ein bisschen zu verständnisvoll.
„Ich dachte mir also: Entweder jetzt schnell wieder raus mit dem Zeug, oder nochmal Wacken ’91. Da hab ich mir ne Lebensmittelvergiftung geholt. Schlimmste Woche meines Le-“
Der Käfer kotzte.
Horst ließ ihm geduldig seine Privatsphäre bis er gespült und sich wieder gerichtet hatte. Es dauerte ziemlich lange. Aber nach ner halben Stunde Zappeln im Sitzen und bald zehn Minuten Blasenblockade kam’s dann darauf auch nicht mehr an, fand Horst. Wenn er’s recht bedachte, musste er auch gar nicht mehr so dringend.
„Soll ich dir n Glas Wasser holen?“, bot er an, als sich die Kabinentür wieder öffnete.
„Schon gut“, antwortete Käferchen erschöpft und wankte zum Waschbecken, um sich gründlich, sehr gründlich, die Hände und das Gesicht zu waschen.
„Danke für die Hilfe“, sagte er, während er mit einem Fläschchen rummachte, das nach Desinfektionsmittel roch.
„Hä?“, machte Horst.
„Deine Geschichte war echt eklig. Da ging’s dann plötzlich.“
„Oh. Tja. Gern geschehen.“
„Das ist die grauenvollste Hochzeit von allen, die ich je besuchen musste. Nichts ist wie es sein soll!“
Horst widersprach nicht.
„Braut oder Bräutigam“, wollte der Käfer wissen.
„Braut. Exfreund.“
„Scheiße. Was für ein Biest.“
Horst hob die Brauen. Es überraschte ihn, dass Käferchen so böse Wörter überhaupt kannte.
„Schon okay“, beruhigte er, „war ne einvernehmliche Geschichte. Ich bin auch fast freiwillig hier.“
„Hm. Na dann.“
Käferchen zog einen Reisekamm aus der Innentasche seiner Anzugjacke, klappte ihn auf und bügelte die Antennen wieder runter. Horst hatte spontan Lust, ihm mit der Hand dabei zu helfen. Er steckte sich die Hände in die Hosentaschen.
„Und du?“, fragte er, weil die Stille ihn nervös machte. „Schulze oder Kannensteg?“
„Kläger. Wolfgang.“
Also ein Wolf, kein Käfer. Auch gut.
„Teiler. Horst“, folgte er Wölfchens gutem Beispiel. „Hast du Lust, ne Runde um den Block zu gehen? Du siehst aus als könntest du frische Luft vertragen. Und ich könnte jemanden brauchen, der verhindert, dass ich einfach abhaue, wenn ich an meinem Bike vorbeikomme.“
„Fast freiwillig, hm?“
„Hab meine Leidensfähigkeit überschätzt.“
„Ah“, erwiderte Wolf nüchtern und zog den perfekten Scheitel noch einmal nach.
„Du fährst um dieses Jahreszeit noch?“
„Eigentlich nicht, aber…“
Wolf machte ein „Hm“, das sich irritierenderweise so anhörte als würde er verstehen. Vielleicht interpretierte Horst da aber auch zu viel rein. Der Abend war lang und einsam gewesen. Er zuckte mit den Schultern und steckte sich bei dieser Gelegenheit die Hände tiefer in die Taschen.
„Was für ne Maschine?“
„Suzuki“, antworte Horst. Er hatte sich abgewöhnt, das Modell mitzunennen. Außer seinen Jungs (und Bettina, ihrer Quotenlesbe) interessierte das eh keinen.
„Was, keine Harley?“
Eine Mark für jedes Mal, das er diese Frage hörte.
„Nee“, sagte Horst und lehnte sich lässig gegen die Heizung. „Ich lieg lieber oben als mitm Arsch auf der Straße zu sitzen.“
Wolf sah ihn im Spiegel an als müsste er sich gleich noch einmal übergeben.
„Horst?“
„Wolfgang?“
„Versuch in meiner Gegenwart bitte nicht witzig zu sein.“
„Meinetwegen“, brummte Horst.
Wolfgang steckte den Kamm weg und strich sich behutsam über die wiederhergestellte Frisur.
„Suzuki also? So eine stromlinienförmige?“
„Hm“, machte Horst und hob erneut die Brauen.
„Schwarz?“
„Hm.“
„Ich hätte Lust, mir die anzusehen“, erklärte Wolfgang und riss sich entschieden ein Papiertuch aus dem Spender. „Vielleicht überlebt der Koch dann sogar den Abend.“