Team: Schwarz (Eisberg)
Challenge: Angst - Kein Welpenschutz (für mich)
Fandom: Nocturne Whispers (Harepocalype Now-AU,
Masterpost)
Charaktere: Chikara, Chloe
Teil 1 Teil 2 Teil 3 Und die Sirene kommt
hierher Es war merkwürdig, wieder in ihrer Wohnung zu sein. Im suchenden Licht der Taschenlampe wirkte sie so fremd. Oder es lag einfach daran, dass sie so lange nicht mehr hiergewesen war und man das merkte. Die Luft roch abgestanden und Chikara wollte lieber nicht darüber nachdenken, wie es für Chloe sein musste, die eine viel feiner Nase als sie selbst hatte. Aber immerhin hatte niemand sich an ihrem Kram bedient. Kein Wunder, es gab in dieser neuen Welt wenig Bedarf an technischen Geräten. Und die paar Schmuckstücke, die sie hatte, waren sicher im Rucksack verstaut. Nur ihr wertvollster Besitz hatte hierbleiben müssen. Die Furisode, die ihre Großmutter ihr zum 20. Geburtstag geschenkt hatte, war etwas unpraktisch, um sie immer mitzunehmen. Aber für unpraktische japanische Mode hatte man zum Glück auch keine Verwendung.
Ihr war klar, dass sie nicht viel Zeit hatten. Trotzdem ging Chikara als erstes ins Schlafzimmer und zu ihrem Bett, wo der Kimono in einer Schublade im Bettkasten lagerte. Als sie die öffnete, war sie sich Chloes neugierigen Blickes deutlich bewusst, aber das hinderte sie nicht daran, die spezielles Papier eingeschalgene Furisode herauszuholen. Sie hatte ganz vergessen, wie schwer sie war.
“Was ist das?”, fragte Chloe schließlich, als Chikara die Verpackung öffnete und das Licht der Taschenlampe über hellblaue Seide glitt.
“Ein Kimono. Meine Großmutter hat ihn mir geschenkt.”
“Das ist doch dieser japanische Kram, oder?”
“Ein traditionelles Kleidungsstück. Es wird zu besonderen Ereignissen getragen. Selbst in Japan leihen sich die meisten eher einen, als zu kaufen. Möglich, dass es die letzte Erinnerung an meine Großmutter ist…” Keiner wusste, wie es außerhalb des amerikanischen Kontinents aussah. Hatte das Virus sich nur hier ausgebreitet und der Rest der Welt war noch in Ordnung? Oder war der ganze Plant ein postapokalyptischer Alptraum geworden? Es wäre nicht überraschend, aber… sie hoffte es wirklich nicht. Dafür hatte sie ein paar Filme zu viel gesehen. Mit einem kurzen Kopfschütteln packte sie die Furisode wieder ein und räumte sie weg. Vielleicht fand Dr. Turner ja etwas, was ihnen die Kaninchen vom Hals hielt. Es war dumm, darauf zu hoffen, das war ihr selbst klar.
“Leider ziemlich sperrig…”, meinte Chloe, klang dabei aber immerhin recht mitfühlend. Sie hatte das Thema sicher schon ein paar Mal durch.
“Und unpraktisch. Ich habe ihn bisher nur zweimal getragen.” Mit etwas mehr Schwung als nötig schloss sie die Schublade und stand wieder auf. So viel war verloren gegangen. So viele Menschen hatten ihr Leben verloren. Das Materielle konnte man vielleicht zurückholen. Neu aufbauen. Die Toten blieben tot. Bisher hatte sie sich nicht erlaubt, wirklich darüber nachzudenken. Aber jetzt, in ihrer staubigen, etwas muffigen Wohnung, schlug die Erkenntnis voll ein.
Auch, um sich selbst davon abzulenken, wandte sie sich ihrem Kleiderschrank zu und zog erstmal einige Jeans heraus. Die Röcke und Kleider würden defintiv hierbleiben, aber Hosen in ihrer Größe konnte sie auf jeden Fall brauchen. Chloe half ihr wortlos dabei, erst die Hosen und dann T-Shirts und Pullover einzupacken. Alles passte natürlich nicht in die Rucksäcke, aber es war Chikara vor allem wichtig, dass ihre Hosen mitkamen. Oberteile sahen zwar etwas doof aus, wenn sie zu groß (oder eindeutig Kindersachen) waren, rutschende Hosen dagegen waren einfach ärgerlich.
Als sie fertig war, warf sie noch eine schnellen Blick in die Küche und stopfte noch ihre Teedose zu den Klamotten. Sie würde erst später testen, ob mit dem Match-Pulver noch etwas anzufangen war.
“Fertig?”, fragte Chloe dann und Chikara nickte.
“Okay. Was war das gerade?”
“Grüner Tee aus Japan. Ich hoffe, er schmeckt noch.” Sie befürchtete schon halb, dass Chloe ihr jetzt sagte, dass so etwas Platzverschwendung war, aber die Werwölfin nickte nur. “Ich finde das Zeug ziemlich überschätzt. Meine Ex hat da ne richtige Religion draus gemacht.”
“Er schmeckt mir und ist gesund. Mehr hat es damit nicht auf sich.” Aber Chikara wusste ja, dass es Leute gab, die allem asiatischen Kram beinahe magische Kräfte zuschrieben. Für sie war das immer noch befremdlich gewesen und sie redete nicht besonders gerne über diesen Unsinn. Zum Glück merkte Chloe das auch, denn sie ging nicht weiter darauf ein, sondern bedeutete ihr, ihr nach draußen zu folgen.
Besonders weit kamen sie auf den ausgestorbenen Straßen nicht, bis Chloe abrupt stehen blieb. “Bleib dicht bei mir.” Chikara nickte nur und wies sie nicht darauf hin, wie unnötig diese Aufforderung war. Leise folgte sie der anderen Frau um eine Ecke und die nächste Straße entlang, bis sie etwas auf dem Boden liegen sahen. Die Taschenlampe benutzten sie draußen nicht, aber der Mond sorgte für genug Licht. Ein Mensch. Als sie näher kam, wurde der Fund eher schlimmer als besser.
“Hier gibt es keinen Welpenschutz… wann kapieren die Kinder das endlich?”, murmelte Chloe und stieß mit einem Fuß gegen die Pistole, die der Teenager immer noch in der Hand hielt. Gebracht hatte sie ihm nichts, Chikara wollte gar nicht wissen, wie die Kaninchen ihn zugerichtet hatte. Oder andere Menschen. Auch das passierte. Die Nager waren nicht der einzige Grund, warum Chikara im Leben nicht alleine rausgehen würde.
Chloe brauchte nicht lange, um die Leiche zu untersuchen. Sie hielt anschließend aber noch einen Moment inne. Legte den Kopf etwas schief, als würde sie lauschen. “Anscheinend ist die berüchtigte Sirene unterwegs. Hast du was dagegen, wenn wir sie uns näher ansehen? Angeblich werden ja nur Männer ihretwegen verrückt.” Ihre Stimme verriet deutlich, für was für einen Blödsinn sie das Gerücht hielt.
Am vernünftigsten wäre es, wenn Chikara widersprechen würde. Aber sie musste zugeben… sie war auch neugierig. Was war das für eine Frau, die Nachts nichts besseres zu tun hatte, als Straßenkonzerte zu geben? Darum schüttelte sie nur den Kopf, als Chloe sie ansah und folgte ihr, als sie sich wieder in Bewegung setzte. Besonders lange dauerte es nicht mehr, bis Chikara den Gesang ebenfalls hörte. “Das ist Japanisch”, murmelte sie verwirrt. Sie hatte schon deutlich besseres Japanisch gehört, aber das weckte ihre Neugierde erst Recht.
Es war jetzt ziemlich einfach, dem Gesang zu folgen und bald stellte sie fest, dass sie nicht die einzigen waren. Dann kam die Sängerin in Sicht und Chikara blieb so plötzlich stehen, dass Chloe es erst verspätet merkte und sich fragend zu ihr umsah. Chikara bemerkte es gar nicht. “Nina?”