Team: Kalle der Eisbär
Challenge: Romatik/Intimität: Auf den zweiten Blick
Fandom: Stranger Things (3)
Charas: Robin, Steve Harrington
Wörter: ~1000
Anmerkung: Achtung, SPOILER! Wer die dritte Staffel noch nicht gesehen hat, wird hier hart gespoilert. Aber ich hatte sehr viele Gefühle für die beiden (und für Steve sowieso, Go~tt), daher musste ich das irgendwie aus dem System kriegen.
Rachel sieht heiß aus. Heiß. Heiß, heiß, heiß.
Robin sieht sie durch die Tür der Videothek gehen und kommt nicht umhin, jede einzelne Bewegung zu registrieren.
Wie Rachels Hüften schwingen. Wie sie beiläufig ihr langes Haar über ihre Schulter wirft. Wie sie noch beiläufiger den Kaugummi in ihrem Mund zu einer pinkfarbenen Blase aufpustet und wieder platzen lässt. Wie ihr Blick ganz langsam den Raum scannt.
Robin kennt diesen Blick. Der sagt nämlich eines: Ich bin nicht wegen Videokassetten hier.
Rachel war im selben Bio-Kurs wie Robin. Oh, und wie Steve, fällt ihr dazu ein. Eine von diesen vielen, unverschämt hinreißenden Mädchen, von denen Robin ab und zu nachts geträumt hat - zu cool für die Cheerleader, aber zu Mittelschicht für die Loser.
Robin ergötzt sich für den Bruchteil einer Sekunde an ihr und tut dann, was sie immer tut. Sie tritt den Rückzug an.
Sie findet Steve im Backoffice, wie er versucht, zeitgleich fünf Videos auf einmal ihre Hüllen zu quetschen. Eine Kassette hat er sogar quer im Mund.
Als er sie hört, dreht er sich verschreckt zu ihr um (womöglich erwartet er, dass Keith hier reinkommt und ihn wieder zur Schnecke macht).
„Oh mein Gott, mach das nicht!“, ruft Robin und nimmt ihm das Video aus dem Mund.
„Du weißt nicht, wo Leute die Dinger hinlegen. Ehw!“
„Ich musste die zurückspulen, was soll ich machen?!“, jault er.
Und ja, es stimmt. Die meisten Kunden sind mit dem Konzept, dass man einen Film zurückspulen muss, wenn man ihn gesehen hat, nicht vertraut. Also spulen Robin und Steve, wenn gerade Zeit ist, wie die Irren Videos zurück. Das heißt, Steve tut es. Steve hat keine Ahnung von Filmen, also ist er der Spulsklave.
„Ich mach das schon“, sagt Robin.
„Draußen ist Kundschaft für dich, Harrington.“
„Ach echt?“ Seine Augen werden größer und heller. Jetzt, da Robin ihm die Kassetten aus den Händen sammelt, streicht er sich durch seine absurd fluffige Mähne.
„Wer denn?“
„Rachel Wilson.“
Er zieht die Augenbrauen hoch.
„Rachel Wilson? Hm, komisch, mit der hab ich nie geredet.“
„Ist doch egal“, gibt Robin ungeduldig zurück, während sie Kassetten in Hüllen schiebt.
„Sie hat den Blick.“
Viel mehr muss sie inzwischen nicht mehr sagen. Keine drei Wochen nach den Wahnsinnsgeschehnissen im Einkaufszentrum, nach dem Gedankenschinder, nach Dustin und Erica und Eleven und all den anderen sind sie zurückgekehrt zu so etwas wie einem normalen Leben und einer sonderbaren Routine, in der es eben einfach reicht, wenn Robin sagt, eine Kundin habe den Blick.
„Na los jetzt!“
Sie schubst Steve durch den schwarzen Vorhang nach draußen Richtung Theke und macht sich daran, den Rest der Videos zurückzuspulen. Bei „Einer flog über das Kuckucksnest“ ist das Band ganz faltig. Was auch immer man damit gemacht hat. Als Robin es spult, leiert es im Rekorder.
Das wird Keith nicht gefallen, weil man es bald ersetzen müssen wird. Neue Videos sind schweineteuer. Sie zieht vorsichtig ein Stück vom Magnetband heraus und versucht es glattzuzerren.
Fast lässt sie die Kassette fallen, als der Vorhang wieder aufgeht und Steve erneut vor ihr steht.
„Was machst du denn?!“, zischelt sie ihn an.
„Ich hab doch gesagt, du sollst dich um sie kümmern!“
„Wollt' ich ja“, zischelt er zurück.
„Aber sie hat nach dir gefragt!“
Robin verharrt in ihrer Bewegung.
„...Was?“
Steve legt mit triumphierendem Grinsen den Kopf schief und nimmt ihr das Video aus der Hand.
„Ganz recht, Robin. Der Blick galt dir.“
„Aber...“
Okay, nein, so hat sie nicht gewettet. Sie wurden zusammen angestellt, damit sie sich um die echten Kunden und die Filme kümmert und er den Frauenmagnet spielt.
„Bist du ganz sicher?“
„Ich bin ganz sicher.“ Er nickt.
Robin sieht ihm zu, wie er das Magnetband zurück in die Kassette dreht.
Sie tut einen Schritt auf den Vorhang zu, hinter dem Rachel auf sie wartet. Rachel, die nach ihr gefragt hat. Mit einem Mal spürt sie, wie ihre Handinnenflächen feucht werden.
Sie bleibt schluckend stehen.
„Was soll ich denn sagen?“, nuschelt sie und sie hasst, dass es sich so kleinlaut anhört.
Steve schaut sie blinzelnd an.
„Fang doch einfach mal mit 'hi' an“, schlägt er vor.
„Und dann?“
„Wie, und dann?“
„Herrgott, Harrington, nicht jeder Mensch ist so wie du!“
„Bist du etwa nervös?“
Das ist etwas, was Robin hasst. Sie mag es, auf den ersten Blick die kühle, sarkastische Frau zu sein, die markige Sprüche einwirft und über den Dingen steht, wenn sie Steve bei allem, was er tut, berichtigt („Nein, der Film heißt nicht 'Uhrwerk Orang-Utan', Hirni!“)
Dass sie auf den zweiten Blick nicht mal weiß, wie man mit einer Frau redet, die flirtet, jagt ihr fast so viel Gänsehaut über den Rücken wie der Gedankenschinder.
„Ist nicht schlimm“, sagt Steve und drückt ihr den Kuckucksnest-Film in die Hand, dreht sie an den Schultern um und beugt sich halb über sie wie ein Trainer über seinen Box-Champion.
„Du hast doch Ahnung von Filmen. Rede mit ihr über Filme! Denk nicht zuviel nach, lass dich treiben! Du kannst das!“
Sie muss sich anstrengen, um kein wimmerndes Geräusch zu machen.
„Ich glaub an dich!“, schiebt Steve hinterher und okay, es klingt einfach zu sehr so, als ob er das wirklich auch meint und nicht einfach nur so dahersagt.
Weil Steve Harrington eben auf den zweiten Blick nicht einfach nur ein Hirni ist, sondern ein ziemlich lieber Typ. Irgendwo ganz tief unten unter seiner Föhnfrisur und seinem Welpenblick.
Robin nickt zaghaft, holt tief Luft und tritt durch den schwarzen Vorhang.
Später wird sie, als sie mit Rachel knutschend auf dem Hinterhof steht, über deren Schulter Steve sehen, der ihr grinsend beide Daumen nach oben zeigt. Und ganz schnell die Augen schließen, damit er ihr nicht den Moment verdirbt.