#1 "Ich bin fast sicher das ist illegal."

Apr 22, 2018 11:57

Titel: Döner zum Frühstück
Challenge: #1 "Ich bin fast sicher das ist illegal."
Fandom: Original
Sprache: Deutsch
Kommentar: Falls es klingt wie aus einem mittelmäßigen deutschen Jugendbuch von 1984…ungefähr das war meine Inspiration.

Der erste Kieselstein landete mit leisem Klappern auf dem Linoleum-Fußboden. Der zweite prallte am Fensterrahmen ab. Der dritte traf das Wasserglas auf ihrem Nachttisch, das seinen Inhalt prompt über ihr Kopfkissen ergoss.

Döner zum Frühstück

Der erste Kieselstein landete mit leisem Klappern auf dem Linoleum-Fußboden. Der zweite prallte am Fensterrahmen ab. Der dritte traf das Wasserglas auf ihrem Nachttisch, das seinen Inhalt prompt über ihr Kopfkissen ergoss.
„Iiiih!“, quietschte sie, als sie sich schlagartig senkrecht im Bett aufsetzte. Ihr Blick ging von ihrem überschwemmten Kopfkissen zum umgekippten Wasserglas bis zu dem Kieselstein auf dem Boden, der verdächtig so aussah, als würde er von ihrer Auffahrt stammen. „TOBIAS!“
„Ups!“, kam es von unten.
Sie kämpfte sich unter der Bettdecke hervor, um wenige Augenblicke später ihren völlig zerrauften und teilweise nassen Haarschopf aus dem offenen Fenster zu stecken. „Kannst du nicht die Klingel benutzen wie normale Menschen auch?!“
„Ich wollte nicht mit deiner Mutter reden!“, rief er hoch.
„Die ist beim Yoga!“, rief sie zurück und warf ihm den Haustürschlüssel fast an den Kopf. „Lass dich gefällig selbst rein!“
Bis er die Stufen zu ihrem Zimmer hochgestapft war, hatte sie sich bereits ein ausgeleiertes T-Shirt über den Kopf gezogen und kämpfte mit dem Hosenbein ihrer Shorts, während sie gleichzeitig bereits die Zahnbürste im Mund hatte.
„Weißt du, ich glaube, man soll die Zahnbürste auch bewegen und nicht nur auf ihr herumkauen“, sagte Tobias, als er im Türrahmen auftauchte. Aus Mangel an Sprechmöglichkeiten machte sie eine eindeutige Geste mit der Hand.
Als sie den Kampf mit ihrer Hose gewonnen hatte, tauchte sie kurz in das angeschlossene Bad, um den Zahnpastaschaum ins Waschbecken zu spucken. Als sie wieder herauskam, warf sie ihm ein Handtuch an den Kopf. „Aufwischen!“
„Yes, Ma’am“, erwiderte er und salutierte. Sie streckte ihm die Zunge raus.
„Was hast du überhaupt solche Angst vor meiner Mutter“, grummelte sie, während sie mit der Haarbürste an ihrem zerzausten Haarschopf herumrupfte.
„Hast du deine Mutter schon mal gesehen?“, fragte er ungläubig, während er auf dem Boden kniete und die Wasserlache aufwischte, die von ihrem Bett tropfte. „Sie gibt einem immer das Gefühl, man hätte gerade sein Fahrrad an ihrem Mercedes vorbeigeschrammt oder so.“
„Ach, Quatsch.“ Sie betrachtete sich für einen Moment kritisch im Spiegel und band dann die Haare notdürftig mit einem Zopfgummi zusammen.
„Nicht Quatsch! Sie sollte bei der Polizei arbeiten, die Verdächtigen würden sogar gestehen, ihre eigene Oma ermordet zu haben, selbst wenn die quietschfidel im Altenheim wohnt.“
Sie seufzte und ließ sich in ihren Sitzsack fallen. „Was machst du eigentlich hier?“
Unter ihrem wachsamen Blick ging er ins Bad, um das Handtuch über dem Waschbecken auszuwringen und anschließend über die Heizung zu hängen. „Dich abholen natürlich! Wir treffen die anderen im Park.“
Sie lehnte sich so weit zurück, dass sie mehr auf dem Sitzsack lag statt saß, und schob mit einem bloßen Fuß eine offene Schublade zu. „Sagt wer?“
Er stellte sich mit Händen an den Hüften vor ihr auf. „Sag ich! Schluss jetzt mit dem Rumhängen, die Sommerferien sind schon fast halb vorbei und wir haben noch nichts unternommen!“
Sie machte keine Anstalten aufzustehen und streckte sich stattdessen demonstrativ. „Hast du die anderen auch so geweckt?“
Das feuchte Kissen wanderte ebenfalls auf die Heizung (die bei den Temperaturen natürlich aus war, aber der Wille zählte). „Nee, Miraç war schon wach und Tomke‘s Familie hat immer einen Schlüssel unterm Blumentopf.“
Sie runzelte die Stirn. „Also bist du einfach reingegangen? Ich bin mir fast sicher, das ist illegal.“
Er zuckte nur mit den Schultern. „Schluss jetzt mit dem Rumgehänge, die anderen warten schon!“ Unter ihrem widerwilligen Gequietsche zog er sie aus dem Sitzsack.
„Mein Fahrrad hat einen Platten“, protestierte sie, während er ihr die Schuhe in die Hand drückte.
„Du kannst bei mir hinten drauf!“
„Auf deinen rostigen Drahtesel? Bin ich lebensmüde?!“ Widerwillig schlüpfte sie in ihre Schuhe und machte notdürftig Schleifen in die Schnürsenkel.
„Dann musst du dein edles Gefährt wohl flicken.“
„Ich hasse dich. Ich hatte noch nicht mal Frühstück!“, jammerte sie, als er sie die Treppe hinunter dirigierte.
„Miraç bringt was mit, hat er gesagt.“
Sie hielt direkt vor der Haustür inne und er rannte fast in sie hinein. „Döner?“, fragte sie hoffnungsvoll.
Er seufzte. „Ja, Döner zum Frühstück.“
Rasch schloss sie die Haustür hinter ihnen ab und eilte zum Fahrradschuppen. „Vielleicht hasse ich dich doch nicht so sehr!“
Er sah ihr kopfschüttelnd nach. „Ich hab dich auch gern!“, rief er ihr hinterher.

original, servena, inspiration

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