(no subject)

Oct 14, 2007 17:53

Drei Fragen, die niemals gestellt wurden
(Weil ich jetzt einfach keine fünf zusammen bekomme.)
Fandom: Supernatural
Charaktere: Sam, Dean, Jess
Disclaimer: gehören mir nicht.
Warnungen: Dinge, die schon tausend mal durchgekaut wurden, aber ich sammle meine Gedanken, indem ich es nochmal auf Deutsch tue.
Autor: Grisu



#1

Jess weiß ein paar Dinge über Sam. Sie weiß, dass er Kaffee in jeder Form trinkt, aber am liebsten mit Zucker, dass er so was wie Prüfungsangst nicht kennt und dass er listiger ist als man es ihm auf den ersten Blick zutrauen würde. Sie weiß auch, dass es weit mehr Dinge gibt, die sie über Sam nicht weiß. Er hat Alpträume, von denen er nicht sprechen will, Narben, von denen er nicht sprechen will und eine Familie, von der Jess genau diese Dinge weiß: Dass seine Mutter kurz nach seiner Geburt gestorben ist, dass er einen Vater hat, mit dem er sich nicht besonders gut versteht und einen Bruder, mit dem er ab und zu telefoniert. Das ist alles. Und damit weiß sie mehr als die meisten von Sams Freunden. Sie weiß Sams Geburtsjahr und -ort und hat ein paar Nachforschungen angestellt. Sie hat herausgefunden, dass Sams Mutter, Mary, einige Monate nach seiner Geburt bei einem Hausbrand ums Leben kam. Es war ein knapper Artikel in einer kleinen Lokalzeitung und sie ist sich nicht völlig sicher, ob es das ist, wonach sie gesucht hat. Sie findet, sie hat das Recht, etwas über ihn herauszufinden, aber sie weiß nicht wirklich, wie sie es anstellen soll. Wenn Sam nicht über etwas sprechen will, kann man ebenso gut versuchen, Antworten aus einer Wand herauszubekommen. Eine Wand, die einen mit diesem Gesichtsausdruck ansieht, der sagt: Ich will dich nicht anlügen müssen, also frag einfach nicht. Also fragt sie nicht. Und in dem Maße, in dem er ein Geheimnis daraus macht, hat sie Angst vor der Antwort. In dem Maße, in dem er über seine Vergangenheit schweigt, nimmt sie das schlimmste an. Und in der Zwischenzeit sagt sie sich, dass es gut so ist, wie es jetzt ist, dass sie Zeit haben und dass Sam ihr eines Tages sicher genug vertrauen wird, um ihr zu erklären, was passiert ist.

#2

Als Sam klein war, hat er viele Fragen gestellt. Er hat in dieser Art von Kleinkindern solange „Warum?“ oder „Was?“ gefragt, bis man selbst keine Antwort mehr wusste. Und nahe am Durchdrehen war. Und ihm Süßigkeiten gab, damit er mal für fünf Minuten die Klappe hielt.
„Was wollten die Leute?“
„Was? Ach so. Nichts, Sammy, nur was verkaufen.“
„Was?“
„Keine Ahnung.“
„Deeeeeean.“ In diesem unerträglich quengeligen, langgezogenen Tonfall.
„Es waren nur dumme Leute von einer dummen Sekte, die anderen Leuten ihr Geld aus der Tasche ziehen wollen, okay?“
„Was ist eine Sekte?“
Und woher zum Teufel sollte Dean das wissen? Das oder warum der Himmel blau ist oder warum Butterbrote immer auf der Butterseite landen oder warum Schmetterlinge bunt sind oder warum es Wolken gibt oder warum die Sonne scheint.
Obwohl Sam später die Antworten auf die meisten dieser Fragen fand und sie Dean erzählte.
Aber immerhin: die Fragen, die Dean beantworten konnte, beantwortete er. Sam fragte einmal, warum sie keine Mutter hatten. Dean sagte es ihm und Sam stellte dieselbe Frage nie ein zweites Mal, wenn er eine Antwort bekam. Sam fragte nie, wie sie gewesen war oder ob Dean sie vermisste.

#3

Da ist dieser Moment, kurz nachdem das Auto zum Stillstand gekommen ist und kurz bevor Sam die Tür öffnet und aussteigt. Dean im Fahrersitz ist angespannt, als wären sie mitten in irgendeiner Jagd, auf einem Friedhof oder Gott weiß wo und nicht bei hellstem Sonnenschein auf einem heruntergekommenen, aber sicher nicht gefährlichen Busbahnhof in der Mitte von Nirgendwo. Brian Johnsons Stimme plärrt über die Stille All Screwed Up und Sam ist dankbar, als Dean das Radio ausschaltet.
Er weiß nicht, was er sagen soll. Ein Teil von ihm will einfach hier sitzen bleiben und wieder mit Dean zurückfahren. Der andere Teil will so weit von John und diesem Leben weg wie irgend möglich. Nicht von Dean. Es ging niemals um Dean. Vielleicht ist das das größte Problem.
Und er ist so nah dran Dean zu fragen, ob er mitkommen will. Er öffnet den Mund, aber nichts kommt heraus. Er kann Dean nicht fragen. Zu gehen ist vielleicht egoistisch, aber Dean zu fragen, ob er mitkommen will, wäre unverzeihlich. Weil es eigentlich nicht darum gehen würde, was Dean will, sondern was Sam will. Dean könnte Ja sagen und würde sich nie verzeihen, John allein gelassen zu haben. Dean könnte Nein sagen und würde sich nie verzeihen, Sam allein gelassen zu haben. Dean will weder mit Sam mitkommen noch mit John hierbleiben. Dean will, dass Sam nicht geht, dass er und John sich vertragen, dass alles wieder so wird, wie es einmal war.
Sam wünschte, es wäre möglich, aber er ist kein Kind mehr und er ist nicht wie Dean. Also schließt er den Mund wieder, öffnet die Tür und steigt aus.

grisu, supernatural

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