Team: Gryffindor
Challenge: H/C: Notfallkontakt (für mich)
Fandom: The Raven Cycle
Personen: Adam Parrish, Ronan Lynch
Wörter: ~900
Anmerkung: Achtung, SPOILER! Wenn ihr gerade dabei seid, die Bücher zu lesen, lest das hier erst, wenn ihr mindestens am Ende von Band 3 seid. Ihr werdet sonst ganz schrecklich gespoilert werden.
Und wenn ihr die Bücher nicht gelesen habt - holt es nach :D
Es musste ein Traum gewesen sein.
Adam erkannte ihn schon von weitem. Der Krankenhausgang war in seinem panisch erschütterten Gesichtsfeld schmal wie ein Tunnel, an dessen Ende er nicht Ronan erkannte. Sondern eine halb tote, in Scharlachrot gehüllte Kreatur.
Ronan saß auf einem harten Plastikstuhl der billigsten Sorte, einbandagiert bis zu den Schultern.
Sein linkes Auge schimmerte bläulich, über seine spitzen Wangenknochen waren wie künstlerisch wertvolle Farbtupfer Hämatome verteilt.
Man hatte ihm einen Verband am Kopf angelegt und ihn anscheinend in Desinfektionsmittel gebadet.
Adam war froh, dass er Chainsaw zu Hause gelassen hatte.
In seiner Brust schlug ihm das Herz noch immer so hart gegen die Rippen, dass ihm davon schlecht wurde. Nur langsam, langsam hatte er das Gefühl, wieder Luft holen zu können.
Denn Ronan lebte.
„Was ist passiert?“, presste Adam heraus.
Er war aufgewacht davon. Natürlich hatte er es gewusst. Unter seinen Fingerspitzen hatte er die Ley Line pulsieren gespürt, wie einen dumpfen, fremden Herzschlag, der für Sekunden zum Stottern und Stocken gekommen war. Sekunden, in denen ihr irgendetwas Energie abgezapft hatte.
Eine halbe Stunde danach hatte das Telefon geklingelt und eine fremde Stimme hatte in Adams gutes Ohr gesprochen;
„Sie sind Mister Lynchs Notfallkontakt.“
„Scheißdreck“, entgegnete Ronan und fuhr sich über die Haarstoppeln an der nicht einbandagierten Seite seines Kopfes.
„Nur ein Nachbeben, okay. Nichts Ernstes.“
„Was hast du mit rausgebracht?“
Adam setzte sich neben ihn.
Einen Träumer wie Ronan fragte man handfeste Dinge, keine banalen Sachen wie 'Was hast du geträumt'?
Jemand wie Ronan brachte Monstren aus seinem Kopf mit, Mädchen mit Ziegenhufen, kleine Brüder, ganze Welten.
„Ein Krähe“, gab er widerwillig zurück.
„Eine Krähe.“
„Ja, zur Hölle. Nur halt 'ne ziemlich große.“
So wie Ronan aussah, musste das Vieh mindestens so groß gewesen sein wie er. Adam hob eine Hand, ließ sie über Ronans lädierte Wange schweben, wagte jedoch nicht, sie anzufassen.
„Wo ist sie jetzt?“, fragte er stattdessen.
„Tot.“
Ronan zuckte mit den Schultern.
„Wir müssen noch zurück und sie eingraben.“
Gegen das viele Rot an seinem Gesicht waren seine Augen noch blauer. Es konnte aber auch genauso gut am Licht liegen.
Ronan war, wie so oft, dünn und zermürbt, zäh und Schmerz und Tod und Traum und müde. Adam wusste genau, dass er die nächsten Tage wieder nur würde schlafen können, wenn er eine Whiskeyflasche leerte.
„Soll ich Gansey anrufen?“
„Nein.“ Ronan seufzte leise.
„Das Ding kriegen wir auch zu zweit weg.“
„Bist du sicher?“
„Wenn ich's dir doch sage.“
„Ronan.“
„Was?!“
Erst jetzt hörte er auf, sich immer und immer wieder über den Kopf zu fahren. Als wollte er diese Seite seines Schädels genauso aufreißen, in das Nervengeflecht seines Gehirns greifen und die Schatten seines Alptraumes in Fäden herausziehen. Adam dachte daran, wie Ronan die ersten Sekunden nach dem Aufwachen reglos dagelegen hatte, unfähig, sich zu bewegen. Leichte Beute für eine riesige Krähe.
Er schluckte.
„Ich bin dein Notfallkontakt“, sagte er leise.
„Warum?“
„Warum nicht?“
Ronan schaute überall hin, nur nicht in Adams Gesicht.
„Declan würde ich nicht anrufen lassen, wenn die Welt unterginge. Außerdem isser eh viel zu weit weg. Matthew... komm schon, wer würde Matthew als Notfallkontakt haben?! Und der Rest meiner Familie ist nicht gerade bereit, zu kommen, also von daher.“
„Was ist mit Gansey?“
Adam spielte mit seinen Fingern herum.
Es war einer dieser Moment, in denen er es nicht wagte, Ronan anzufassen, selbst wenn er es zuvor schon unzählige Male getan hatte.
Ronan war ein giftiges Heiligtum, an dem man sich verbrennen konnte, wenn man es zu oft berührte; etwas, das man besser ansah.
„Was ist mit Blue? Was ist mit...keine Ahnung..Henry?“
„Mann, Parrish.“
Ronan fuhr neben ihm in die Höhe, als hätte ihn etwas gestochen. In seinen Augen funkelte es gereizt.
„Was ist mit dir, du Volltrottel?“
Adam klappte sofort seinen Mund zu.
„Hör mal, ich steh auch nicht drauf, dass überhaupt irgendwer angerufen werden muss wegen mir.“
Ronan verzog das Gesicht.
„Aber Gansey hat gesagt, es muss sein.“
Ah. Natürlich. Gansey war der einzige, der es schaffte, Ronan zu Dingen zu prügeln. Auf seine väterliche, sanfte Art und Weise.
„Und du machst auch kein Gewese. Du bist einfach... da.“
Und das war vermutlich das Romantischste, was man aus Ronan Lynchs Mund jemals hören würde.
Adam rechnete nicht damit, dass es irgendeiner Vorstellung von Romantik entsprechen würde, mit Ronan zusammen zu sein. Im Gegenteil. Manchmal hörte er tagelang gar nicht von ihm. Durch seine Abneigung gegen sein Handy und Telefone im Allgemeinen konnte Adam ihn ja auch schlecht anrufen.
Wenn man Ronan zusammen war, war jedes Mal, das er einen zu sich ins Bett zog, eine angenehme Überraschung. Ein Oh. Er will mich ja doch noch.
Andererseits war Adam sich bewusst, dass es genausogut sein Problem sein mochte.
„Los komm“, murmelte er leise und er schaffte es, seine Finger mit Ronans zu verschränken, gesellte sich mit seinem hörenden Ohr zu Ronans Seite und fing an, ihn sanft aus dem Krankenhaus zu ziehen.
„Wir vergraben eine Riesenkrähe und dann schlag' ich mein Lager bei dir auf.“
„Vergiss es!“
Aber es klang nicht so biestig, wie es vermutlich gemeint war.
„Ist schon okay“, sagte Adam.
„Ich halte dich einfach fest, so dass du keine Monster mitbringen kannst. Ganz einfach.“
Sie traten in den Tag hinaus, ein Träumer und ein Magier, und taten so, als hätten sie keine Angst.