Adventskalender, 20. Türchen

Dec 20, 2015 01:55

Fandom: Wecome to Night Vale
Challenges: #1 Glockengeläut, #2 Sonnanaufgang (ein bisschen)
Charaktere: Cecil, Carlos, Santa der Bär, Josie, die Erikas
Genre: Radio Transkript
Wörter: ~680

Es sind Berichte eingegangen über ein seltsames Geräusch in Night Vale. Es war am Abend zu hören und dann noch einmal am Morgen, laut genug, um sogar den Sonnenaufgang zu übertönen. Es erinnert vage an das Geräusch, dass der unsichtbare teleportierende Uhrenturm nicht macht. Wissenschaftler behaupten, es handele sich um Glockengeläut. Ein besonders gutaussehender Wissenschaftler merkte an, dass es sich anhöre wie die Kirchglocken im Dorf seiner Großmutter.

Kirchen, erklärte Carlos weiter - Carlos und ich sind liiert, ich weiß nicht, ob ich das schonmal erwähnt habe...? - , funktionierten ähnlich wie die SANDSTEINSPITZE, allerdings ohne Blutopfer. Du, lieber Hörer, magst dich jetzt vielleicht fragen: ‚Wie soll denn bitte die SANDSTEINSPITZE ohne Blutopfer funktionieren?‘ - Und zu recht! Aber wenn mich das Zusammenleben mit einem Wissenschaftler - Bald sechs Monate IIIEP! - eines gelehrt hat, dann ist es, dass es zwischen dem endlosen Nichts des Himmels und den geheimen Höhlen unterm Wüstenboden mehr gibt, als unsere begrenzte Vorstellung erahnen kann.

Carlos fügte hinzu, dass ihn das Geräusch an seine Kindheit erinnere und den Weihnachtsmorgen. Weihnachten, liebe Hörer, ist der wenig beachtete Tag im Jahr, an dem die Regierung ihren sedierten Bären Santa Claus frei durch die Straßen laufen lässt, wo er dann auf Hausdächer klettert oder Essen aus Mülltonnen klaut.

Als Kind, reminiszierte Carlos weiter, habe seine Großmutter ihn einmal mit ins Einkaufzentrum genommen, damit er Santa Claus sehen konnte. Er habe sogar, so unglaublich das klingt, auf dessen Schoß gesessen. Und er war unbewaffnet! Und hier, liebe Hörer, muss ich mal eine persönliche Bemerkung loswerden: solches Verhalten Kindern gegenüber finde ich einfach unverantwortlich! Ein narkotisierter Bär ist sicherlich nicht wesentlich gefährlicher als ein Bibliothekar, aber wir würden doch kein Kind unbewaffnet die Bücherei betreten lassen und sie dann auch noch ermuntern, sich den Bibliothekaren zu nähern! Und ich weiß, Menschen werden nicht als Wissenschaftler geboren, sie werden Wissenschaftler, wenn sie furchtlos und mutig sind und auf der Suche nach Schönheit und Wahrheit keine Strapazen scheuen - dennoch! Wenn ich von Carlos Geschichten wie diese höre: Hätte denn etwas anderes aus ihm werden können?

Sicherlich nicht. Sicherlich haben Prüfungen wie diese dazu beigetragen, ihn zu dem zu machen, was er heute ist. Und vielleicht waren die Taten seiner Großmutter nicht fahrlässig, sondern weise. Die Grenzen zwischen Kindesmisshandlung und notwendiger Vorbereitung auf die grausame Realität des Lebens sind manchmal sehr verschwommen. Wer kann schon sagen, ob wir weniger Kinder an hungrige Wölfe verlieren würden, wenn sie nicht der alten Tradition folgend die Nacht ihres fünfzehnten Geburtstags im Streichelzoo verbringen müssten? Sicherlich werden einige gefressen, aber die anderen haben gelernt, sich gegen die Wölfe zu behaupten und ist es nicht das, worauf es im Leben ankommt?

Am Weihnachtsmorgen, erzählte Carlos weiter, den Blick aus seinen wunderschönen Augen verklärt von Nostalgie, sei er vor Sonnanaufgang aufgestanden und ins Wohnzimmer gerannt, wo er dann unter dem Tannenbaum mit seinen Geschenken gespielt habe.

Ein Tannenbaum wäre eine Art nicht-metallischer Baum, der in der Wüste nicht wachse, sondern in Gebieten mit Bergen und Schnee. Berge UND Schnee! Manchmal ist Carlos einfach zu albern!
Carlos muss schon als Kind eine spürbare Begabung zum Wissenschaftler gezeigt haben; hätten seine Eltern ihn sonst allein mit Geschenken spielen lassen? Ich habe gehört, Geschenke seien gefährlicher als Antiquitäten!

Wissenschaftlich betrachtet, sagte Carlos dann mit einem Seufzen, sei Weihnachten ja nicht wichtig. Und er sei ja auch nicht religiös, fügte er merkwürdiger weise hinzu. Weihnachten, liebe Hörer, ist nicht Teil irgendeiner Religion, von der wir Kenntnis hätten.

Carlos war nun in einer wehmütigen Stimmung und da ich die Ursache nicht kannte, war ich nicht sicher, wie ich ihn aufmuntern sollte. Dann klopfte die alte Josie an unsere Tür und sie hatte ihre Freunde Erika bei sich - die KEINE Engel sind - und die sangen Carlos ein Lied vor. Es war unhörbar und ohrenbetäubend, ergreifend und unbegreiflich, furchterregend und ehrfurchtgebietend, dissonant und harmonisch, wie der Nachthimmel.

Carlos war sehr gerührt und nachdem wir wieder zu Bewusstsein gekommen waren und feststellen mussten, dass die Erikas und Josie gegangen waren, hat er mich gebeten, ihnen hier in der Sendung in seinem Namen nocheinmal zu danken. Danke, Erikas!

elster, adventskalender

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